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Mein WENDEHerbst: Mutti als „Pfand“

JAHREMAUERFALLDer Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9.

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JAHRE

MAUERFALL

Der Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9. November fällt die Mauer. An dieser Stelle erinnern sich in den Potsdamer Neuesten Nachrichten täglich Menschen in Potsdam an ihre Erlebnisse in dieser Zeit. Heute: Katharina Kardorf. Die 36-jährige Diplom-Restauratorin lebt seit 2004 in Potsdam.

Eine typische Kindheit in der DDR sah anders aus: Katharina Kardorf war weder Pionier noch in der DDR-Jugendorganisation FDJ. Auch eine sonst obligatorische Jugendweihe kam nicht in Frage. „Stille Opposition“ nennt sie das rückblickend. Ihr Credo: „Nicht ohne zu hinterfragen überall mitmachen“. Der Weg zum Abitur schien mit dieser Vita verbaut, doch es kam anders. Sie durfte die Theresienschule des Bischöflichen Ordinariats, eine Katholische Mädchenschule in der DDR, gelegen in einem Hinterhof im Prenzlauer Berg in Berlin, besuchen. Es war ein Zufluchtsort für Kinder von Oppositionellen. Immer wieder flatterten im Herbst 89 die Flugblätter des Neuen Forums durch die Klasse. Vor allem, weil Katharina Kardorf mit den Töchtern von Rainer Eppelmann und Jens Reich (Neues Forum) in eine Klasse ging. Die Einschränkungen des Regimes habe sie selbst erst im Oktober 89 erfahren. Ihre Eltern hatten einen Antrag auf Besuchsreise in die BRD gestellt, im Oktober durfte sie mit ihrem Vater und ihrem Bruder tatsächlich fahren. Die Mutter sei als „Pfand“ in Berlin geblieben. Eine Woche war sie in Norddeutschland, den Rücktritt Erich Honeckers am 18. Oktober hat sie vor dem Fernseher bei Verwandten in Hamburg erlebt. Schlimm war der Weg zurück. Nicht, weil sie sich im Prenzlauer Berg unwohl gefühlt hat, sondern weil das Schließen der Stahltüren bei der Einreise an der Berliner Friedrichstraße hinter ihr etwas Endgültiges an sich hatte. War es der letzte Besuch? „Abends im Bett hatte ich einen Kloß im Hals. Und Lebensangst.“ Angst vor dem Eingesperrtsein. Erneut kam es anders: Am 10. November hat sie wieder im Tränenpalast an der Friedrichstraße gestanden – die Ereignisse am Vorabend hatte sie allerdings verpasst. jab

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