Sport: „Na sdorowje“ auf die Freundschaft Zwei Erfolgstrainer im Traditionskabinett
Bernd Schröder fiel es am Sonntag nicht schwer, ein Dutzend russischer Journalisten mit wenigen Worten für sich zu gewinnen. „Ich habe sehr gute Freunde in Russland und werde diese Freundschaft auch weiterhin pflegen“, diktierte der Trainer des 1.
Stand:
Bernd Schröder fiel es am Sonntag nicht schwer, ein Dutzend russischer Journalisten mit wenigen Worten für sich zu gewinnen. „Ich habe sehr gute Freunde in Russland und werde diese Freundschaft auch weiterhin pflegen“, diktierte der Trainer des 1. FFC Turbine Potsdam – nach dem späten 1:1 sichtlich wieder erleichtert und gut gelaunt – der heimischen Presse in die Blöcke und strahlte in die Fotoobjektive und Fernsehkameras. Seinem Trainerkollegen Ivan Saenko klopfte er jovial auf die Schulter, einer einzelnen Journalistin erklärte er später noch geduldig den Begriff Turbine und weshalb sein Verein so heißt. Keine unbegründete Frage der Russin, wird der FC Energy doch mitnichten von einem Energieunternehmen, sondern von der russischen Regionalregierung der Millionen-Stadt – also von der öffentlichen Hand – gesponsert. Turbines Gastgeber vom Sonntag geht es, das vermittelte den Potsdamerinnen zumindest der Eindruck im Stadion, finanziell nicht schlecht. Während in der vergangenen Woche in Woronesh 30 000 Menschen auf den Straßen für eine angemessene Bezahlung der Lehrer und Mediziner demonstrierten – ein Schuldirektor berichtete am Rande der Protestaktion, 90 Prozent der Lehrer an seiner Schule müssten aus reiner Geldnot etwas schwarz dazuverdienen, eine Erdkundelehrerin berichtete, vor Unterrichtsbeginn morgens die Mülltonnen zu leeren –, während also Mediziner und Lehrer mit 100 bzw. etwa 90 Euro im Monat weit unterm nationalen Durchschnitt (offiziell knapp 150 Euro) liegen, nennt Sabrina Rastetter, Woroneshs Torschützin gegen Turbine, eine für sie mögliche Saisongage von bis zu 30 000 Euro; im Erfolgsfall noch mehr Erfolgsfall, das heißt natürlich auch Einzug ins UEFA-Cup-Achtelfinale. „Woronesh hat sich im Vorfeld psychisch enorm hoch geputscht, um das Heimspiel mit allen Mitteln zu gewinnen. Man redete der Mannschaft ein, dass wir überheblich antreten würden, wozu wir gar keinen Grund hatten, denn wir sind ja keine Übermannschaft“, meinte Schröder. Und: „Letztlich war Energy psychologisch besser auf das Spiel vorbereitet als wir.“ Dass sich Ivan Saenko nach dem Spiel vehement über seine Verbannung in der 76. Spielminute durch die finnische Schiedsrichterin Anri Hanninen auf die Tribüne beschwerte und dabei über die generelle Benachteiligung seines Teams durch Referees aus den ehemaligen sozialistischen Ländern klagte (warum eigentlich?) , wertete Potsdams Coach als Frust des Russen über den verpassten Sieg. Als Schröder schon Richtung Mannschaftsbus durch das Traditionskabinett des Zentralstadions schritt, hatte er noch eine Begegnung der besonderen Art. Ein älterer Herr nahm ihn stillschweigend an den Arm, führte ihn ohne ein Wort in ein kleines Kabüffchen und schenkte Wodka ein – „Na sdorowje“! Während Schröder in Woronesh seine vier Weltmeisterinnen kicken ließ, führte sein Gastgeber Wladimir Michailowitsch Piliptschenko, dessen Konterfei auch die Erfolgs-Galerie des Traditionskabinetts schmückt, einst drei Frauen zu Weltmeistertiteln – im Trampolinspringen. Zwei Erfolgstrainer pflegten die deutsch-russische Freundschaft. Michael Meyer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: