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Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Gutenbergstraße.

© Andreas Klaer

Nach Notruf wegen langen Wartezeiten: Mehr Plätze in der Potsdamer Kinderpsychiatrie

Psychisch kranke Kinder in der Landeshauptstadt mussten vor einigen Monaten noch sehr lange auf Behandlung warten. Nun gibt es mehr Kapazitäten – und bald eine neue Tagesklinik.

Stand:

Nach viel kritisierten Wartezeiten für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche im Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ sind nun die Behandlungskapazitäten erhöht worden. Das bestätigte das Landesgesundheitsministerium, dem im vergangenen Sommer noch vorgeworfen worden war, mehr Betten vor Ort zu blockieren. Nunmehr seien mit Bescheid vom Dezember 2022 sieben vollstationäre Betten mehr vorhanden, sagte ein Sprecher des Ministeriums auf PNN-Anfrage. So seien in der Kinder- und Jugendpsychiatrie jetzt 42 Betten ausgewiesen.

Im Klinikum wird das begrüßt - allerdings wird der Bedarf als noch größer eingeschätzt. „Mit dieser Erweiterung schaffen wir Aufnahmekapazitäten, die wir weiterhin dringend benötigen“, erklärte Stephan Anis Towfigh, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, den PNN auf Anfrage. Allerdings werde perspektivisch eine weitere Erhöhung der stationären Betten notwendig sein, so Towfigh weiter.

Chefarzt Stephan Anis Towfigh im Garten er Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dort sollen sich Patient:innen ausprobieren können.

© Sabine Schicketanz

Wie berichtet, hatte es im vergangenen Sommer bereits mehr als 300 psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche auf der Warteliste des Hauses gegeben - eine Folge dessen, dass sich der regionale Einzugbereich des Hauses erhöht hatte und die Zahl der von seelischen Schwierigkeiten betroffenen Kinder und Jugendlichen im Zuge von Corona noch einmal gestiegen war.

Betreuung nun auch zu Hause möglich

Durch die Erhöhung der Planbetten können man nun auch in anderer Hinsicht umsteuern, sagte Towfigh - nämlich mit dem Aufbau einer sogenannten „stationsäquivalenten Behandlung“. Gemeint ist eine „aufsuchende, psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung im häuslichen Umfeld“ - also eine Behandlung vor Ort, zu Hause. Die Behandlung erfolge dabei an sieben Tagen der Woche durch ein mobiles, ärztlich geleitetes Behandlungsteam. Die Dauer der Behandlung sei zeitlich begrenzt und variiert in der Regel zwischen vier und zwölf Wochen. „Seit Februar betreuen wir die ersten Patienten und Patientinnen nach diesem Konzept“, erklärte Towfigh.

Eine schwimmende Tagesklinik in Ketzin?

Zudem kündigte Klinikumsgeschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt eine weitere Behandlungsmöglichkeit für junge Menschen an. So sei man vom Gesundheitsministerium beauftragt worden, eine Tagesklinik mit 20 Plätzen für Betroffene zwischen sechs und 18 Jahren als zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten zu etablieren, um dem Versorgungsbedarf in der Region weiter gerecht zu werden. Dieses Modellprojekt soll im kommenden Jahr in der Kleinstadt Ketzin nördlich von Potsdam entstehen - und zwar mit einem naturpädagogischen Profil.

20
Plätze sind in der neuen Tagesklinik geplant.

Dieses Vorhaben war laut einem Bericht der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ bereits im Februar im Gesundheitsausschuss der Ketziner Stadtverordnetenversammlung vorgestellt worden. Von einem Standort mit bis zu zwei Hausbooten an der dortigen Havelpromenade ist darin die Rede. Demnach sollen die jungen Menschen auch mit Hilfe von Sport und Spiel in Wassernähe therapiert werden. Zum Sicherheitskonzept gehöre, dass die jungen Patienten unter anderem ein Schwimmabzeichen benötigen - und auch ein Rettungsschwimmer vor Ort sein müsse.

Zu einem möglichen Eröffnungsdatum hieß es in dem Ausschuss von Chefarzt Towfigh, es sei gerade auch im Sinne des Ministeriums, eine baldige Umsetzung voranzutreiben. Klinikchef Schmidt erklärte dort laut dem Protokoll der Sitzung, es bestehe enormer Versorgungsdruck und eine hohe Nachfrage nach so einem Angebot. Stadtpolitiker aus Ketzin merkten aber laut Protokoll kritisch an, dass im Sommer viel Publikumsverkehr an der Promenade zu erwarten sei. Auf Nachfrage hieß es am Mittwoch aus dem Klinikum, weitere Details könne man derzeit noch nicht nennen. Im Ausschuss war auch von einem „Leuchtturmprojekt“ in dem Bereich die Rede.

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