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Landeshauptstadt: Nachhilfe in der Stallmeister-Villa
Das bekannte Ludwig-Persius-Haus an der Zeppelinstraße ist nach seiner Sanierung voll vermietet
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Brandenburger Vorstadt – Das Haus neben der Sparkasse am Luisenplatz, zuletzt Sitz des Autonomen Frauenzentrums, ist wohl eines der bekanntesten in Potsdam. Mit der Zahl 189 trägt es die höchste Hausnummer der Zeppelinstraße. Die Stadt verkaufte das denkmalgeschützte Gebäude Ende 2011 für 410 000 Euro im Rahmen der Haushaltsicherung. Der Verkaufspreis soll 53 000 Euro über dem Verkehrswert gelegen haben. Das Frauenzentrum zog in die Schiffbauergasse und die neue Eigentümerin aus Niedersachsen „mit Faible für Potsdam“ ließ es sanieren und bot es nach vergeblichen Versuchen zum Wohnen letztlich für eine gewerbliche Nutzung an.
„Zahllose Firmen wollten hier einziehen“, berichtete Ursula Demitter, die sich mit einer Filiale der Studienkreis GmbH der Cornelsen-Gruppe in der obersten Etage etabliert hat, bei einem Tag der offenen Tür am Samstag. Hinter Demitters Schreibtisch hängt eine Deutschland-Karte, die mit über tausend Punkten übersät ist. Jeder Punkt markiert eine Studienkreis-Filiale. Es ist ein Mammut-Unternehmen mit Zentrale in Bochum.
50 bis 60 Potsdamer Schüler erhalten in jeweils kleinen Gruppen in den modern ausgestatten Räumen Nachhilfe-Unterricht. Vor allem Mathematik sei gefragt, aber auch Englisch und Spanisch. Gleichungen lösen, Bruch- und Prozentrechnung gehörten zu den Grund-Defiziten, berichtet Mathematiklehrer Michael Rochow. „Viele kommen zu spät, erst wenn in der 9. Klasse die Sicherungen durchbrennen“, so seine Erfahrung.
Die beiden anderen Etagen belegen die Biotechnologiefirma t-cell Europe und eine Osteopathie-Praxis für Säuglinge, Kinder und Erwachsene. Hinweise auf einfachen Zetteln am Eingang an der Zeppelinstraße verweisen auf die Nutzer. „Jede Werbung muss mit der Denkmalpflege abgestimmt sein“, erläutert Demitter das Provisorium.
Alle drei Unternehmen nutzen ein Wohnhaus, das der Architekt Friedrich Ludwig Persius (1803-1845) zwei Jahre vor seinem Tode für den privaten Stallmeister Gottlieb Brandt (1804-1869) entworfen hatte. Ein Stallmeister war dazumal ein renommierter Berufsstand, der für die Pferde verantwortlich war und viele Subangestellte wie Pferdewärter und Kutscher beschäftigte. Als „Wohnhaus Brandt“ ist das Gebäude in Architekturführern bezeichnet. Die damalige Chaussee nach Brandenburg galt an dieser Stelle als hervorragenden Standort mit freiem Blick in die Landschaft vor der Havelbucht. Heute gilt der Standort als stark vom Verkehr belastet. Doch im Inneren ist von den Autos der Zeppelinstraße und den vorbeifahrenden Straßenbahnen und Bussen kaum etwas zu hören.
In den 170 Jahren seit der Erbauung hat es zahlreiche Nutzungen und Änderungen an der Architektur gegeben. Als 1934 das Finanzamt in das Stallmeister-Haus einzog, mussten die für den Bau prägenden Bogenfenster an der Straßenfront weichen. Die DDR nutzte das Gebäude sowohl zu Wohnzwecken als auch als Stadt-Ambulatorium, in welchem Diabetiker betreut wurden.Günter Schenke
Günter Schenke
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