Homepage: Nachholbedarf bei der Gleichstellung Linke fordert Gesetz auch für Hochschulen
Keine Frau befinde sich unter den Preisträgern für die beste Lehre an brandenburgischen Hochschulen, die im Juni gekürt wurden. Frauen hätten sich für den Preis nicht beworben und wären auch nicht vorgeschlagen worden, stellt Barbara Schrul, die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Potsdam, fest.
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Keine Frau befinde sich unter den Preisträgern für die beste Lehre an brandenburgischen Hochschulen, die im Juni gekürt wurden. Frauen hätten sich für den Preis nicht beworben und wären auch nicht vorgeschlagen worden, stellt Barbara Schrul, die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Potsdam, fest. Hier zeige sich, dass es trotz aller Bemühungen mit der Gleichberechtigung in der Lehre nicht zum Besten stehe.
Bei einem Gespräch mit Wissenschaftlern und Hochschulbeauftragen versuchte sich die brandenburgische Linke-Fraktion nun ein Bild davon zu machen, wie es um die Gleichstellung von Frauen und um die „familiengerechte Hochschule“ in Brandenburg steht. Die Veranstaltung in dieser Woche fand vor dem Hintergrund der bevorstehenden Novelle des Landeshochschulgesetzes statt. Im Rahmen der Gesetznovelle will sich die Linke für rechtliche Verbesserungen der Gleichstellungsbeauftragten einsetzen. Die Linke fordert zudem eine Überwindung von prekären Beschäftigungsverhältnissen an den Universitäten. Den ausgesprochen misslichen Beschäftigungsverhältnissen sei es geschuldet, dass ein Großteil der Hochschulmitarbeiter trotz vorhandenem Kinderwunsch kinderlos blieben, sagte Susann Kunadt vom Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Dies sei nicht nur in Brandenburg, sondern bundesweit so.
Der „Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs“ untermauert diese Einschätzung. Denn im Unterschied zu England, Frankreich und den USA tragen in Deutschland wissenschaftliche Mitarbeiter mit befristeten Zeitverträgen die Hauptlast der Lehre an den Hochschulen. Sie bestreiten 68 Prozent der Lehrveranstaltungen, während es in den zum Vergleich heran gezogenen Ländern jeweils deutlich weniger als 20 Prozent sind. Juniorprofessoren, die anderen Orts bis zu 40 Prozent der in der Lehre Beschäftigten ausmachen, und dort meist mit Festanstellungen über eine gesicherte Existenz verfügen, gibt es in Deutschland fast gar nicht: lediglich zwei Prozent erfreuen sich einer derart geregelten Berufsperspektive. Da müsse sich dann auch niemand wundern, wenn 75 Prozent der Wissenschaftlerinnen des Mittelbaus und 71 Prozent der entsprechenden Wissenschaftler nicht an die Gründung einer Familie denken würden, findet Kunadt.
Auch Peer Jürgens von der Linken merkte an, dass es die Vereinbarkeit von Familien und wissenschaftlicher Karriere ein Problem darstelle. Zwar gebe es an vielen Hochschulen eine gut organisierte Kinderbetreuung, aber letztlich würden Untersuchungen zeigen, dass auch im wissenschaftlichen Betrieb die alte Rollenverteilung der Geschlechter herrsche: komme das Kind, stecke eher die Frau bei ihrer Karriere zurück. Das Landesgleichstellungsgesetz solle deshalb auch für Hochschulen anwendbar gemacht werden. Dort steht bisher, dass das Gesetz auf die Hochschulen ausdrücklich nicht anwendbar sei. Gerade Frauen litten jedoch unter unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Manche Professoren würden die missliche Lage sogar ausnutzen, um stärker Druck auf die Mitarbeiter auszuüben. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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