zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Nachtschwärmer statt Pendler

Die Bahnhofshalle Pirschheide könnte zur Disko werden. Potsdam will den Bahnhof trotzdem ausbauen

Stand:

Potsdam-West – Im Bahnhofsgebäude von Potsdam-Pirschheide könnte es bald wieder laut werden – allerdings nicht, weil viele Pendler umsteigen, sondern weil hier eine Disko öffnen soll. Das Gebäude wurde bereits im vergangenen Jahr verkauft, wie die Bahn nun auf PNN-Anfrage bestätigte. Das Empfangsgebäude stand bereits seit vielen Jahren überwiegend leer. In einem Teil ist eine Bowlingbahn untergebracht. Während der DDR-Zeit war Pirschheide der Potsdamer Hauptbahnhof. Hier fuhren die Züge auf der Umgehungsstrecke um West-Berlin herum.

Neuer Besitzer des Empfangsgebäudes ist der Unternehmer Ronald Engelhardt aus Werder (Havel). Engelhardt ist dort als Geschäftsführer der Firma Anlagen-Montagen Werder GmbH in der Elektrobranche tätig. Gegenüber den PNN bestätigte er den Kauf. Das Gebäude soll renoviert und dann für Veranstaltungen und Feiern genutzt werden. Erste Bauvorarbeiten haben bereits begonnen. Engelhardt rechnet in der zweiten Jahreshälfte mit einer Eröffnung. Die Stadtverwaltung stehe mit dem neuen Eigentümer in Kontakt, bestätigte auch Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Es gebe Vorabstimmungen, um über Genehmigungsverfahren und die künftige Nutzung zu sprechen, hieß es. Es sei erfreulich, wenn der einst zentrale Umsteigeort wieder sinnvoll genutzt werden könnte.

Die Stadt und das Land Brandenburg hatten beabsichtigt, den Bahnhof Pirschheide auszubauen. Hier soll die Regionalbahnlinie 22 als Zubringer zum Flughafen BER halten. Dafür müsste der Bahnhof allerdings umgebaut werden. 2,2 Millionen Euro an Kosten hatte eine vom Land und vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg in Auftrag gegebene Studie im vergangenen Jahr ermittelt – und diese Investition ausdrücklich empfohlen. Denn Pirschheide ziehe Fahrgäste aus Geltow und Schwielowsee an. Auch liege das Seminaris-Seehotel, die Sparkassenakademie sowie der Luftschiffhafen und damit die neue MBS-Arena im direkten Einzugsbereich. 1200 Fahrgäste pro Tag zusätzlich, so die Prognose, würde ein angebundener Bahnhof Pirschheide von der Straße auf die Schiene locken – dies entspreche 7000 Kilometern, die nicht mehr mit dem Auto zurückgelegt werden. Mittlerweile findet sich der Ausbau der oberen Bahnsteige in Pirschheide auch im Landesnahverkehrsplan. Allerdings wird vermerkt, dass die Baumaßnahme nicht in Planung sei, sondern lediglich Gespräche mit der Deutschen Bahn geführt werden sollen. Auch die Finanzierung ist fraglich. Im vergangenen Jahr hatte das Infrastrukturministerium mitgeteilt, dass es für den Ausbau keine Zuschüsse gebe. Ob sich das mittlerweile geändert hat oder ob der Verkauf des Bahnhofsgebäudes Auswirkungen auf die Pläne hat, konnte das Ministerium am gestrigen Dienstag nicht sagen.

Die Bahn sieht den Verkauf des Bahnhofsgebäudes unproblematisch, so ein Bahnsprecher. In einer ersten Stellungnahme hieß es, der Verkauf stehe einer Sanierung der oberen Bahnsteige grundsätzlich nicht im Wege. Die Stadtverwaltung hält an ihrem Wunsch fest, die oberen Bahnsteige als Haltepunkt für Regionalzüge herzurichten, so Brunzlow.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Vertreter der Umlandgemeinden würden in Pirschheide gern einen attraktiven regionalen Umsteigepunkt sehen. Das habe hohe Priorität, sagte Jakobs am Dienstag am Rande eins Treffens, zu dem auch der Landrat von Potsdam-Mittelmark gekommen war. Über die untere Ebene könnten wie bisher Caputh und Michendorf mit dem RB 23 angebunden werden. Über den auf der oberen Ebene verkehrenden RB 22 könnten Golm und Saarmund erreicht werden. Das Land solle bei der Bahn Druck für den Ausbau machen, so Jakobs. Die Umlandgemeinden hoffen, mehr pendelnde Autofahrer zum öffentlichen Nahverkehr zu locken. Vom Bahnhof Pirschheide ist die Potsdamer Innenstadt mit den Straßenbahnlinien 91 und 98 in wenigen Minuten erreichbar. Außerdem gibt es hier ein großes „Park and Ride“-Angebot. Fast 130 Autostellplätze können genutzt werden. Allerdings liegt die Auslastung derzeit nur bei etwa 60 Prozent. Künftig könnten vor allem nachts mehr davon belegt sein – allerdings nicht von Berufspendlern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })