Landeshauptstadt: Nachwuchs, so um die 65, gesucht Chorgemeinschaft der Volkssolidarität feiert am 29. Mai sein 15-jähriges Bestehen
„Bitte einen Arm nach oben heben, der andere greift nach unten, den Bauch anspannen und nun die Hände ausschlenkern.“ Diese Anweisungen von Anna Katritzke (82) gelten nicht etwa einer Gymnastikgruppe, sondern dem Frauenchor der Volkssolidarität (VS).
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„Bitte einen Arm nach oben heben, der andere greift nach unten, den Bauch anspannen und nun die Hände ausschlenkern.“ Diese Anweisungen von Anna Katritzke (82) gelten nicht etwa einer Gymnastikgruppe, sondern dem Frauenchor der Volkssolidarität (VS). Man wärmt sich auf. Noch ein paar Stimmübungen und dann schwebt ein Frühlingslied durch den Probenraum im Kulturhaus Babelsberg. Als dreistimmiger Satz extra für den aus 23 aktiven Mitgliedern bestehenden Chor eingerichtet.
Es war eine fröhliche 13, mit der alles vor 15 Jahren begann. Bei einem Kaffeenachmittag der Volkssolidarität wollten einige Frauen eigentlich nur mal so ein paar Volkslieder singen. Das gelang so gut, dass die 13 sangesfreudigen Damen im November 1992 die Gründung eines Chores beschlossen. Vor drei Jahren entstand dann noch ein gemischter Chor, dem acht Männer und 32 Frauen angehören, beide zusammengefasst in der Chorgemeinschaft der VS Potsdam-Babelsberg. Die Mitglieder beider Chöre haben ein Durchschnittsalter von 74 Jahren, das jüngste Chormitglied ist 64, das älteste 91. Leider sind wie bei vielen anderen Laienchören auch die Geschlechter ungleich verteilt. Es fehlt an Männerstimmen. Dabei wäre sicher Nachwuchs vorhanden, der bei Rudolf Patzschke (69) so um die 65 Jahre anfängt. „Wenn sich Senioren entscheiden, aus hochrangigen Chören wie der Singakademie oder dem Oratorienchor auszuscheiden, könnten sie bei uns eine Heimat finden“, meint er. Denn die Stärke der Chorgemeinschaft sei es, nicht nur gemeinsam zu singen, sondern auch vieles andere gemeinsam zu unternehmen und selbst bei Erkrankung bliebe niemand auf der Strecke. Dr. Elfriede Weichelt zum Beispiel, die seit 1992 Vorsitzende des Chorrates war, aus Gesundheitsgründen das Amt aber an ihre Nachfolgerin Annemarie Golibrzuch (72) weitergegeben hat, wird noch immer einbezogen. Man hole sie von zu Hause ab, wenn sie an Chortreffen teilnehmen möchte, erzählt Margot Just (77). Und so werde es auch in anderen Fällen gehandhabt. Probleme wegen der roten Vergangenheit der Volkssolidarität sieht Pagels nicht. Sein Chor-Nachbar sei ein katholischer Bass und man verstehe sich blendend. Einmal im Jahr kommen an die 50 Sänger und Freunde der Chorgemeinschaft zu einer Probenwoche in Gräbendorf am Frauensee zusammen, wo man des Gesanges und der Geselligkeit gleichermaßen frönt und es gibt viele Querverbindungen in Potsdam mit Auftritten im Oberlinhaus, in Kirchen, aber auch bei Feiern der Volkssolidarität oder in Schulen und Kitas. Das Zusammentreffen von Jung und Alt macht den Chorfrauen offensichtlich besonderen Spaß. Hauptsächlich singt man zum eigenen Vergnügen, will aber auch anderen Menschen Freude bereiten. Die Potsdamer sind bei den Treffen der Volkssolidaritäts-Chöre im In- und Ausland dabei, treten vielfach in Potsdam auf und haben im September eine Einladung in die Frauenkirche Dresden.
In der VS-Chorgemeinschaft geht es bei den Ansprüchen etwas bescheidener zu als bei den Spitzenchören, auch wenn durchaus nicht nur so dahingeträllert wird. Zum Programm des gemischten Chores gehören neben dem Volkslied Werke von Mozart, Beethoven und Mendelssohn sowie internationales Liedgut, zum Teil sogar in den Originalsprachen Englisch und Russisch gesungen. Vom Frauenchor wird dagegen das Volkslied bevorzugt und immer stehen auch wieder Kompositionen von Manfred Pagels auf dem Programm, der viele Jahre zuerst den Frauenchor, dann die Chorgemeinschaft leitete. Der ehemalige Leiter der Musikschule Potsdam war zur Wende abgewickelt worden und hatte sich zurückgezogen. „Wir haben ihn wieder aus seiner Schmollecke herausgeholt“, meint Patzschke, „und damit einen guten Fang gemacht.“ Leider verstarb Pagels im Juni 2007 und die Chorgemeinschaft musste sich nach dem Verlust erst einmal wieder fangen. Die Feier zum 15-jährigen Bestehen findet deshalb verspätet am 29. Mai 2008 im Nikolaisaal statt, geleitet von der neuen musikalischen Chefin Gabriele Tschache. Hella Dittfeld
Der gemischte Chor probt jede Woche mittwochs von 14.30 bis 16.30 Uhr im Alten Rathaus Babelsberg. Der Frauenchor freitags von 9.30 bis 11.30 Uhr
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