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Von Peer Straube: Napoleon im Glaskasten

Seit einem Monat zeigt das Krongut die Zinnfiguren-Sammlung von Dietrich Garski

Von Peer Straube

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Bornstedt - Hofschranzen und Adel gucken vom Podium, weiter hinten hat sich das Fußvolk versammelt. Und da, in der Mitte, steht er, in vollem Ornat: Napoleon Bonaparte. Es ist das Jahr 1804, der Tag seiner Kaiserkrönung, die Krone wird er sich selbst aufsetzen. Aus Rom hat er den Papst kommen lassen, der Heilige Vater hält sich dezent im Hintergrund. Der Kaiser der Franzosen nebst Gefolge steht in einem Glaskasten im Krongut Bornstedt, fünf Zentimeter groß – und aus Zinn. Eine schillernde Szenerie.

Schillernd ist auch die Vita ihres Besitzers: Dietrich Garski, seit Freitag 79 Jahre alt. Einst mächtiger Baulöwe in Westberlin, hatte er mithilfe einer Senatsbürgschaft 120 Millionen D-Mark für Projekte in Saudi-Arabien bekommen, seine Firma ging pleite, Garski tauchte mit falschen Pässen auf die Bahamas ab. 1983 wurde er auf den Antillen festgenommen und später wegen schweren Betrugs zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Nach der Wende erkor sich Garski dann seine Geburtsstadt Potsdam zur Immobilien-Spielwiese.

Doch der Mann mit den durchdringend hellblauen Augen hat heute andere Vorlieben. Vor 30 Jahren übernahm Garski die Zinnfiguren-Sammlung seines Großvaters, des Polizeioberstwachtmeisters Wilhelm Meißner. Der Enkel erweiterte sie Schritt für Schritt, kaufte in Deutschland, Frankreich, England, selbst in den USA. Heute umfasst die Sammlung 17 000 Figuren. Besonders stolz ist Garski aber auf die Dioramen – Szenerien, wie die von Napeoleons Kaiserkrönung, bei denen die Figuren in entsprechenden Kulissen gezeigt werden. Rund 150 solcher Dioramen machen Garskis Sammlung zur nach eigener Aussage wohl größten der Welt.

Schon einmal hat Garski Teile der Zinnfiguren-Sammlung ausgestellt – im Dachgeschoss des ehemaligen Hauptsteueramtes in der Burgstraße. 1998 musste die Schau schließen, seitdem war sie eingelagert. Seit einem Monat nun ist die Sammlung zum ersten Mal überhaupt nahezu vollständig zu sehen. Im Krongut Bornstedt, auf 800 Quadratmetern. Dessen Chef Josef Laggner, ein alter Freund Garskis, war sofort Feuer und Flamme für die Idee. Die Ausstellung stärke den „Museumscharakter“ des Kronguts und ziehe Besucher an. An guten Tagen seien bis zu 300 Gäste durch die Räume gepilgert, um sie zu sehen, sagt Laggner erfreut.

Die Ausstellung ist in fünf Bereiche gegliedert: „Die Frühzeit unserer Welt – bedeutende historische Ereignisse“, „Der Weg durch Krieg und Frieden – Das deutsche Kaiserreich bis 1918“, „Napoleon und sein Machtanspruch – von der Kaiserkrönung bis zum Rückzug aus Russland“, Das Theater – Schaustellung des Lebens“ und „Kolonialzeit – das Unrecht neuer Weltgestaltung“.

Wenn Garski Besucher durch die Räume führt, blüht er sichtlich auf. Sein Lieblingsdiorama hängt an einer Wand im Preußen-Raum. Es zeigt die Geburt Friedrichs II., den Glaskasten umrahmt ein übergroßer Schwarzer Adlerorden, dessen normal große Variante der royale Säugling gleich bei der Geburt verliehen bekam. Überhaupt, Friedrich. Zum 300. Geburtstag des bedeutendsten Preußenkönigs plant Garski eine Sonderausstellung. Doch nicht die vielen Schlachten Friedrichs interessieren ihn, nein, es sind eher die vielen Anekdoten, die den Monarchen umranken. Geschichten wie jene vom Sanssouci-Müller will Garski zu neuen Dioramen verarbeiten und plastisch machen. Das berühmte Flötenkonzert gehört ebenso dazu wie das Vorspiel von Johann Sebastian Bach.

Und in absehbarer Zukunft will Garski einen Gießer in die Schau holen, der die Herstellung der Figuren live und vor Ort zeigt. Die Produkte sollen dann im Museumsshop verkauft werden.

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