Landeshauptstadt: Nazi-Plakate mit Glassplittern geklebt
Polizei ermittelt zu versuchter Körperverletzung, sieht aber von Meldung ab
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Dutzende Rudolf-Hess-Plakate sind am vergangenen Wochenende in Potsdam geklebt worden, in deren Kleister zum Teil scharfe Glassplitter beigemischt waren. Dies bestätigte die Polizei gestern auf PNN-Anfrage. „Wir ermitteln in einem Fall gegen Unbekannte wegen versuchter Körperverletzung“, so Polizeisprecherin Angelika Christen. Dabei handele es sich um ein Plakat, das am Kiefernring in der Waldstadt II gefunden worden sei. Zu weiteren Plakaten mit Glassplittern konnte sie keine Angaben machen. Die Polizei habe die Aktion nicht gemeldet, „weil wir auf diese Sache nicht zusätzlich aufmerksam machen wollten“. In Berlin, wo bereits Anfang August solche Plakate aufgetaucht waren, hatte die Polizei vor schweren Schnittverletzungen bei Versuchen gewarnt, die Plakate selbst abzureißen.
Das Plakatieren an sich, so Christen weiter, besitze keinen strafrechtlich relevanten Hintergrund: Die Plakat-Aussagen würden nicht den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Insofern sei die Plakataktion in den Stadtteilen Drewitz, Stern, Schlaatz, Waldstadt und Fahrland als Ordnungswidrigkeit eingestuft und an das städtische Ordnungsamt weitergeleitet worden. Zur genauen Zahl der geklebten Plakate konnte die Polizeisprecherin gestern keine Angaben machen. Auch die Stadtverwaltung konnte gestern keine Informationen über den genauen Inhalt und die Zahl der Plakate geben.
Rudolf Hess war ein Stellvertreter von Adolf Hitler und saß nach dem Krieg bis zu seinem erwiesenen Selbstmord 1987 im Gefängnis. Er gilt wegen seiner angeblichen Ermordung durch den britischen Geheimdienst als Märtyrer der rechtsextremen Szene. Rund um seinen Todestag am 17. August werden jedes Jahr im gesamten Bundesgebiet verstärkte Aktivitäten von Neonazis registriert. Schon 2005 wurden in Potsdam am 20. August in der Nacht Dutzende Hess-Plakate vom Bahnhof-Rehbrücke bis zum Waldstadt-Center geklebt.
Bereits am Mittwoch hatte die Potsdamer Antifa vor weiteren in der Stadt kursierenden Neonazi-Plakaten gewarnt. In Drewitz und am Schlaatz seien geklebte A4-Zettel der „Freien Kräfte Potsdam“ – Gruppenname der hier aktiven Rechtsextremen – entdeckt worden. Auch hier sollen Splitter im Kleister beigemengt worden sein. Die Plakate hätten für „Völkischen Sozialismus“ und „Deutschlands Befreiung“ geworben. Henri Kramer
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