Landeshauptstadt: Neben dem Bankhaus die Räuberhöhle
Ferienspaß im Nuthewäldchen / Mit Stadtführerin Aileen in der Stadt der Kinder unterwegs
Stand:
So einfach kommt der Besucher nicht in die „Stadt der Kinder“ am Schlaatz. Ein bärbeißiger Pförtner fragt, ob der Eindringling nicht lesen könne. Er weist auf einen Schriftzug über dem Eingangstor: Eintritt nur mit „Stadtfürer“. Vom fehlenden H mal abgesehen, die herbei eilende Stadtführerin und Weidenhof-Grundschülerin Aileen steht in ihrer Beredsamkeit erwachsenen Berufskolleginnen kein Quäntchen nach. Die Zehnjährige kennt bis ins Detail jedes der mehr als 20 Häuser, die hier von sechs- bis 12-jährigen Kindern aufgebaut werden.
Heute sind es nicht weniger als 160 Kinder – und die bringen die Geschäftsführerin des Bürgerhauses am Schlaatz Barbara Rehbehn als Chefin dieses zum vierten Mal im Nuthewäldchen veranstalteten Ferienspaßes schon tüchtig in Bewegung. Überall Jungen und Mädchen, die mit Bügelsäge, Fuchsschwanz, Hammer und Nägeln ein Rathaus zimmern, ein Postamt, eine Feuerwache, eine Bühne, ein Kino, eine Polizeistation, ein Eiscafé, einen Imbisskiosk, einen Lebensmittelladen, ein Fußballtor, ein Hausboot Dabei helfen ihnen knapp 50 Erwachsene, die sich als ehrenamtliche Helfer für die Aktion zur Verfügung gestellt haben. Sie achten auch darauf, dass sich die Häuslebauer nicht im Übereifer die Daumen blau hauen. „Der härteste Arbeitsunfall, den wir hatten, ließ sich mit einem Pflaster heilen“, versichert Barbara Rehbehn.
In einer Versammlung haben sich die Kinder geeinigt, welche Häuser ihre Stadt braucht, sie dann skizziert und bauen sie nun zusammen. Dabei kommt am Ende manchmal eine ganz andere Architektur heraus als vorgesehen. Erstaunlich die Vielfalt der Formen, wo doch genormte sogenannte EU-Paletten das Grundmaterial für die bis zu 2,50 Meter hohen Bauten bilden. So sieht man einen Zoologischen Garten, für den der aus einem Dorf bei Niemegk gekommene Zimmerer Hanjo mit den Kindern nicht nur den Stall gebaut, sondern auch gleich Ziegen und Schafe mitgebracht hat. Einen der gestalterischen Höhepunkte bildet ein Haus ohne Türen. Sie werden von den kleinen Erbauern abgelehnt, die lieber über eine Leiter vom Dach aus in ihre Behausung klettern.
In dieser Woche werden die Gebäude fertiggestellt. Da die Kinderscharen variieren, können sich trotz des großen Andrangs auch in den nächsten Tagen noch Baulustige melden – zwischen Bisamkiez und Inselhof am Schlaatz gelegenen Tor zur Kinderstadt. Wichtig: Die Eltern müssen dazu schriftlich ihre Einwilligung geben. Sie sind übrigens stets gern gesehen, möglichst mit einem selbstgebackenen Kuchen, und werden nächsten Donnerstag zu einer Feier eingeladen. Auch über weitere Sponsoren, die sich im Bürgerhaus melden können, freut sich Barbara Rehbehn.
In der nächsten Woche wird ein Bürgermeister gewählt. Er fordert von Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs das Stadtrecht für die Kinderstadt, die dann in der letzten Woche ihrer kurzen Existenz zum Wohnen und für vielfältige Veranstaltungen dient. Ob sie von den Bürgern der Kinderstadt angenommen werden, ist ihre Sache. Kinderstadtführerin Aileen jedenfalls weiß Wichtigeres zu tun. Sie hat das Bankhaus der Stadt mit aufgebaut und weiß schon heute, dass es beraubt wird. Gar nicht weit entfernt richtet nämlich Hauptmann Heiko mit seiner Bande eine Räuberhöhle ein. Aber, sagt Aileen, sie wird ihrerseits die Bande überfallen und das gestohlene Geld zurückholen. Da besteht allerdings noch Klärungsbedarf. Denn „wo gibt es denn sowas, dass Räuber beraubt werden“, entrüstet sich der Hauptmann. Erhart Hohenstein
www.stadtderkinder-potsdam.de
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: