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Drei von zehn: Potsdams Meisterköche Alexander Dressel, Steffen Schwarz und Steffen Specker (v.l.).

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Nehmt Backkartoffeln!

Zehn Spitzenköche trafen sich in Potsdam, um für mehr Qualität auf dem Teller zu werben

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Ankochen gegen ein Vorurteil: „Nimm Dir Essen mit, wir fahr’n nach Brandenburg“ lästert der Liedermacher Rainald Grebe. Dass sich Spitzenköche in der Mark quasi in der Diaspora befinden, stößt ihnen zwar selbst „sauer auf“, wie Alexander Dressel sagt. Nun jedoch schlägt die Zunft zurück: Dressel, Küchenchef im Potsdamer Hotel Bayrisches Haus und mit den höchsten Auszeichnungen geehrt, ist einer von zehn Spitzenköchen zwischen Oder und Elbe, die gestern in Potsdam erklärten, keiner von ihnen wolle künftig mehr „sein eigenes Süppchen kochen“. Die Großmeister am Herd haben nun im Rahmen ihrer Aktion „Brandenburg unter Dampf“ eine Genuss-Charta mit zehn Punkten erstellt, eine Selbstverpflichtung zu höchster Qualität.

Freilich sind es nicht die gestern vereinigten zehn Gourmet-Gurus, die diese Charta nötig haben. Wie Corinna Schlag, Sprecherin der kulinarischen Offensive, erklärte, vereinigen die Zehn mit der begnadeten Zunge allein 104 Gault-Millau-Punkte auf sich. „Frische ist Trumpf“ und „regionale Produkte“ sind ihnen bereits selbstverständliche Normen. Aber unter dem Musketier-Motto „Einer für alle, alle für einen“ hoffen sie darauf, ihre Botschaft besser ins Brandenburgische tragen zu können. Landwirte sollen ermutigt werden, regionale Erzeugnisse in Spitzenqualität anzubieten. Andere Köche sollen dazu ermuntert werden, für Bratkartoffeln „nicht die Tüte aufzureißen, sondern eine Backkartoffel zu kaufen“, wie Dieter Kobusch vom Luckenwalder Hotel Vierseithof erklärt. Kobusch brach gegenüber den PNN eine Lanze für eine kurze, aber exzellente Speisekarte. Bei einem Koch und fünf Gästen am Abend sollte niemand 99 Gerichte auf der Speisekarte haben. Da sei es logische Folge, wenn die Speisen aus der Tiefkühltruhe kommen. Von drei oder vier Gerichten, die aber frisch und gut sind, hätten die Gäste mehr.

In ihrer Charta verpflichtet sich die „geballte kulinarische Kompetenz“ auch zur intensiven Nachwuchsförderung. „Nachwuchs ist nicht gleich Nachwuchs“, sagt Steffen Specker von gleichnamigen Landhaus in der Potsdamer Jägerallee. Ein Spitzenkoch müsse intensiv die Schulbank drücken. Specker: „Wir sind auch von Küche zu Küche gezogen, um Erfahrungen zu sammeln.“ Auch zur Herausbildung der Kundschaft von morgen wollen sich die Köche einsetzen: „Wir wollen die jungen Gäste animieren, in ein gutes Restaurant zu gehen“, erläutert Steffen Schwarz vom Restaurant Fiore im Hotel Travel Charme Am Jägertor, gestern Gastgeber des Aufeinandertreffens der zehn Meisterköche. Die Jugend müsse erkennen, so Specker, „dass es noch etwas Anderes als Fast Food gibt.“ Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg (TMB), erklärte sich das von Rainald Grebe besungene Vorurteil von der Gourmetwüste Brandenburg so: Im Land fehle „eine Kultur des Genusses“. Viele wüssten nicht, dass eine Zitronen-Creme nach Zitrone schmecken kann „und nicht nach Dr. Oetker“.

Guido Berg

Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.

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