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Netzwerker. Die Betreiber des Portals „Die Masterarbeit“, Niels Reinhard, Steffen Bünau und Leon Näsemann (v. l. n. r.) wollen zwischen Studierenden und Firmen vermitteln.

© Andreas Klaer

Projekt "Die Masterarbeit" aus Potsdam: Netzwerker zwischen Forschung und Wirtschaft

Das Potsdamer Projekt „Die Masterarbeit“ vermittelt Studenten, die ihre Abschlussarbeit in einem Unternehmen schreiben wollen. Besuch bei einem Start-up.

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Potsdam - Wer möchte einen „Multifunktionsgreifer für einen Roboter“ entwickeln? Oder ein „drahtloses Kommunikationskonzept für Feuerwehr-Schutzausrüstungen?“ Oder „Pendler als Zielgruppe des Thüringer Fachkräftemarketings“ untersuchen? Dies sind nur einige von insgesamt 1430 Aufgaben, die rund 370 deutsche Unternehmen auf dem Online-Portal „Die Masterarbeit“ als Thema für eine Abschlussarbeit anbieten.

Die Zeiten, in denen Studierende ihre Bachelor- oder Masterarbeit hauptsächlich für sich und ihre Professoren schrieben, scheinen vorbei zu sein: Immer mehr angehende Hochschulabsolventen wollen ihre Abschlussarbeit in einem Unternehmen schreiben, sagt Niels Reinhard, Mitgründer des Potsdamer Projektes: „Das ist ein zunehmender Trend. Es hat den Vorteil, dass man Praxiserfahrung sammelt, leichter in ein Unternehmen hineinkommt und dass sich wirklich jemand für das Abschlussthema interessiert.“ Und bezahlt werden die Forschungsleistungen in der Regel auch.

Für Studierende ist es jedoch schwierig, herauszufinden, bei welchen Firmen dies möglich ist, während die Firmen nur über Jobbörsen oder lokal begrenzte Hochschulmessen an Nachwuchsforscher herankommen. Das Online-Portal, das Reinhard im April 2015 zusammen mit seinen Studienkollegen Leon Näsemann und Steffen Bünau ins Leben gerufen hat, soll Abhilfe schaffen: Unternehmen stellen Themen mit einer kurzen Beschreibung ein, Studierende können die Unternehmen bei Interesse kontaktieren. Parallel existiert zusätzlich das leicht abgespeckte Portal „Die Bachelorarbeit“.

Was simpel klingt, gab es vorher schlicht und ergreifend nicht, sagt der International Business & Politics-Student Näsemann, der selbst vor einem ähnlichen Problem gestanden hatte: „Ich wollte in meiner Abschlussarbeit die Immobilienpolitik verschiedener Städte vergleichen, habe aber kein Unternehmen gefunden, bei dem man das machen kann.“ Reinhard, BWL- und Politik-Absolvent, und Bünau, Absolvent für Internationale Beziehungen, haben ähnliche Erfahrungen gemacht.

Da es keine überregionale, fächerübergreifende Datenbank für Unternehmen gab, bei denen man seine Abschlussarbeit schreiben kann, erstellten die drei sie einfach selbst. Dass sie damit eine echte Marktlücke entdeckt haben, zeigen die vielen positiven Reaktionen, die das Online-Portal schon kurz nach der Veröffentlichung Zeit erhielt: „Schon nach einer Woche kamen viele Anfragen von Unternehmen, obwohl wir die gar nicht angeschrieben hatten“, sagt Bünau. Rund 4000 Studierende haben durch das Portal bereits mit Firmen Kontakt aufgenommen, bei wie vielen es tatsächlich zu einer Zusammenarbeit gekommen ist, können die Projekt-Gründer aber nicht sagen.

Wer auf die Webseite geht, kann die vorgeschlagenen Themen nach verschiedenen Fachbereichen wie „Luft- und Raumfahrttechnik“, „Biologie“ oder „Medienwissenschaften“ filtern. Mit Abstand die meisten Einträge finden sich bei den Ingenieurswissenschaften und der Informatik, hier und da gibt es aber auch Themen aus den Bereichen Psychologie oder Sozialwissenschaften.

Tatsächlich gebe es auch bei Geisteswissenschaftlern ein großes Interesse, die Abschlussarbeit in einem Unternehmen zu schreiben: „Uns haben schon viele Studenten angeschrieben, die gefragt haben, warum es nicht mehr geisteswissenschaftliche Themen gibt“, sagt Näsemann. „Einer wollte zum Beispiel etwas über Sportpsychologie schreiben. Dem haben wir dann zwei mögliche Firmen herausgesucht.“ Dass auch Studenten Themen einstellen können, nach denen dann Unternehmen suchen, soll in Zukunft auf dem Portal ebenfalls möglich sein.

So beliebt das Schreiben von Abschlussarbeiten in Unternehmen ist, es birgt doch einige Konflikte: „Die betreuenden Professoren sind vor allem an der Wissenschaft interessiert, die Wirtschaft eher an praktischen Problemlösungen“, sagt Reinhard. „Die vorgeschlagenen Themen müssen natürlich wissenschaftlich geeignet sein.“

Ein anderes Problem ist, das Bachelor- und Masterarbeiten immer öffentlich gemacht werden müssen, manche Firmen aber an Produkten arbeiten, von der die Konkurrenz nichts mitbekommen soll - ein Konflikt, den Studierende und Firmen unter sich klären müssen, sagt Näsemann: „Allerdings ich habe noch nicht davon gehört, dass eine Masterarbeit wegen Geheimhaltung nicht erscheinen darf.“

Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten von „Die Masterarbeit“ steht das kostenlose Portal noch auf keiner geschäftlichen Basis, bis zur richtigen Start-up-Gründung wird noch etwas Zeit vergehen. Derzeit haben die drei Mittzwanziger über die UP Transfer GmbH ein kleines Büro auf dem Campus Griebnitzsee der Uni Potsdam, noch ist „Die Masterarbeit“ in der Projektphase. Das Team blickt optimistisch in die Zukunft: „Es ist spannend, weil ich denke, wir lösen hier gerade wirklich ein Problem“, sagt Reinhard.

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