Landeshauptstadt: Neubau für die Weisse Flotte abgelehnt
Bauausschuss kippt mit großer Mehrheit geplanten Restaurantbau am Neptunbecken im Lustgarten
Stand:
Innenstadt - Das Neptunbecken bleibt vorerst unbebaut: Nach langer kontroverser Debatte lehnte der Bauausschuss am späten Dienstagabend den geplanten Neubau der Weissen Flotte im Lustgarten ab. Gleichzeitig fand sich mit sieben Ja- und drei Neinstimmen eine deutliche Mehrheit für einen Änderungsantrag der Bündnisgrünen, wonach die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Dietz-Joppien eine Lösung für einen Flotten-Neubau am Potsdamer Hafen finden soll. Dietz-Joppien hatte 2001 die architektonische Federführung bei der Wiedergewinnung des Lustgartens für die Bundesgartenschau. Allgemein war damit gerechnet worden, dass das Büro eine Urheberrechtsklage anstrengen werde, sollte der Neubau am Neptunbecken realisiert werden. Ferner übernahm Saskia Hüneke (Bündnisgrüne) eine Anregung von Björn Teuteberg (FDP), wonach sich nach der Beratung mit Dietz-Joppien der Potsdamer Gestaltungsrat mit dem Flotten-Neubau befassen soll. „Wir brauchen einen städtebaulichen Wettbewerb mit offenem Ausgang“, erklärte Saskia Hüneke.
Maßgeblich für das Abstimmungsergebnis war das Votum der SPD, die der Verwaltungsvorlage überraschend die Zustimmung verweigerte und zugunsten des Hüneke-Antrages stimmte. Pete Heuer (SPD) erkannte „einen Überarbeitungsbedarf“; die räumliche Anordnung sei „nicht der Weisheit letzter Schluss“.
Dem Votum war eine angeregte Debatte vorangegangen. In Redebeiträgen sprachen sich engagierte Bürger gegen eine Überbauung des Lustgartens aus. Flottenchef Jan Lehmann plädierte dagegen zugunsten seines Bauvorhabens. Der Architekt Karl-Heinz Winkens erläuterte seinen Entwurf. Er bezeichnete seinen Vorschlag als „einen feingliedrigen Körper“. Winkens: „Die räumliche Qualität, die dieses Palmenzelt hat, ist etwas Einzigartiges.“ Gleichsam stellte Winkens die Möglichkeit in Aussicht, dass das Neptunbecken später einmal in Richtung Stadtschloss auf seine ursprüngliche Größe erweitert werden könnte.
Gegen die Baupläne sprach sich der ehemalige Mercure-Hotel-Chef Rudolph Freiherr von Ketteler aus. Über 300 000 Euro habe der Förderverein zum Wiederaufbau der Neptungruppe bereits gesammelt. Der Neubau stehe einer Rekonstruktion der Neptungruppe entgegen. Das Neptunbecken – „ein sehr hohes Kulturgut“ – würde durch den Bau beschädigt. „Der Vorschlag ist obsolet“, so von Ketteler. Indirekt sprach er sich für einen Neubau als temporären Anbau an das Mercure-Hotel aus: „Das Hotel wird lange stehen. Es ist der beste Hotelstandort in der Stadt.“ In der späteren Debatte schloss sich auch Wolfgang Cornelius (Potsdamer Demokraten) der Anbau-Variante an. Der Grund: „Das Mercure steht nicht zum Verkauf.“ Blackstone als Eigner habe keinen Grund, das Hochhaus zu verkaufen.
Der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) schloss wiederum einen Hotelanbau kategorisch aus. Falls es frühzeitig eine Chance auf einen Abriss des Hotelhochhauses gebe, sollte diese auch genutzt werden können, ohne Rücksicht auf die Weisse Flotte. Daher sei eine Entkopplung von Hotel und Flottenneubau nötig.
Der Kunsthistoriker Hans-Joachim Kuke von der Bürgerinitiative Mitteschön nannte die Pläne „eine zentrale Weichenstellung für eine Privatisierung des Potsdamer Lustgartens“. Dieser sei „der Kern dessen, was Potsdam berühmt macht“. Kuke warnte davor, dass „die Stadt der Gärten ihren Ursprung vernichtet“. Der Gartenexperte Clemens Alexander Wimmer warnte vor einer Bebauung des Lustgartens mit dem Hinweis, dass dieser zu den ersten Gärten nach französischem Vorbild in Deutschland gehörte. Wimmer erklärte vor dem Ausschuss: „Das Neptunbecken ist ein Stück Versailles in Potsdam“ und „keine Dispositionsfläche“.
Dagegen Flottenchef Jan Lehmann: „Wir brauchen eine dauerhafte Lösung am Hafen.“ Nach der Übernahme der defizitären Flotte von der Stadt im Jahr 2000 sei ein erfolgreiches Unternehmen entstanden. „Es geht hier auch um Wirtschaftsförderung“, so Lehmann. Für diese Position konnte sich die Linksfraktion erwärmen. Für Ralf Jäkel (Linke) ist das Neptunbecken nur „ein Tümpel, wo ein paar Fachleute hingehen“. Mehrheitsfähig war am Dienstagabend allerdings die Position von Saskia Hüneke: „Dieser Baukörper schottet den Lustgarten vom Wasser ab – und das darf einfach nicht passieren.“ Abschließend votieren die Stadtverordneten am 30. Januar über die Baupläne.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: