Landeshauptstadt: Neue Bleibe für Pfingstbergverein
Kutscherhaus oder Gärtnerhaus an der Villa Lepsius sollen dafür saniert werden
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Kutscherhaus oder Gärtnerhaus an der Villa Lepsius sollen dafür saniert werden Von Erhart Hohenstein Der Förderverein Pfingstberg, bisher im Thiemannhaus nahe dem Stadthaus untergebracht, ist auf der Suche nach einem neuen Domizil. Dafür kämen, wie Geschäftsführer Ulrich Koltzer gegenüber PNN erklärte, das Gärtner- oder das Kutscherhaus der Villa Lepsius an der Großen Weinmeisterstraße in Frage. Die beiden Gebäude liegen in Blickweite des Pfingstberg-Belvederes, das der Verein mit großzügiger Sponsorenhilfe der Otto- und der Reemtsma-Stiftung saniert und restauriert hat. „Das Thiemannhaus stellt für uns wegen seiner Lage und des schlechten Bauzustandes keinen idealen Standort dar“, begründet Koltzer die Überlegungen. „Wenn das Gebäude saniert wird, müssten wir ohnehin ausziehen.“ Erste Gespräche mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten haben bereits stattgefunden. Die Stiftung begrüßt das Vorhaben, schätzt sie den Verein doch als potenten Partner. Außerdem würde damit mindestens eines der beiden vom Verfall bedrohten Nebengebäude der Villa Lepsius gerettet werden, die ihren Ursprung in einem 1772 errichteten und von Johann Gottfried Zeising, einem Kammerdiener Friedrichs II., genutzten Weinmeisterhaus hat, das später mehrfach umgebaut und vergrößert wurde. Dieser Hauptbau wird vom Förderverein Lepsius-Haus saniert und künftig als Gedenk- und Begegnungsstätte an den Theologen erinnern, der hier von 1907-1926 wohnte und gegen die Verfolgung der armenischen Christen in der Türkei kämpfte. Vom Kutscherhaus steht nur noch der schmale zweigeschossige Kopfbau. Er könnte die Geschäftsstelle des Vereins aufnehmen. Der für acht Pferde angefügte Stall existiert nicht mehr. Sein Wiederaufbau brächte den mehr als 60 Mitgliedern des Pfingstberg-Vereins den dringend benötigten größeren Raum für Mitgliederversammlungen und Weiterbildungen. „Im Pfingstberg-Belvedere selbst gibt es leider keine Räumlichkeiten, die der Arbeitsstättenordnung entsprechen“, bedauert Ulrich Koltzer. Zweite Variante wäre die Sanierung des hinter der Lepsiusvilla am Pfingstberghang gelegenen Gärtnerhauses. Es ist, allerdings in sehr schlechtem Bauzustand, mit Ausnahme des winkelförmigen Anbaus für eine Remise erhalten. Koltzer betont, dass es sich bei dem Vorhaben, für das sich sicher nicht wie beim Belvedere Großsponsoren finden lassen, zunächst um Überlegungen des Vereins handelt. Er hoffe jedoch auf die Spendenfreudigkeit der Pfingstbergbesucher und die Unterstützung kleinerer Sponsoren. Zudem bekäme mit der Wiederherstellung auch der Nebengebäude zumindest einer der drei Villenkomplexe am Pfingstberghang ein gepflegtes Aussehen. Für die Nachbargrundstücke, die Villa Quandt und die Villa Schlieffen, konnten bisher keine Interessenten gefunden werden. Der Südhang des Pfingstberges wurde bis ins 19. Jahrhundert für den Weinbau genutzt. In den privaten Weingärten befanden sich zahlreiche Gartenhäuser und Teepavillons. 1817 kaufte Friedrich Wilhelm III. große Teile des Geländes auf, darunter das Oesfeldsche Grundstück mit einem Landhaus und dem berühmten, vom jungen Schinkel errichteten Pomonatempel. Die Oesfelds dienten dem Königshaus als Militärs, Kartographen und Landmesser. Bei einem Pfingstausflug mit seiner Gattin Luise hatte der König das Anwesen bereits 1804 kennen gelernt – dies soll auch der Anlass zur Umbenennung des Eich-, später Judenberges in Pfingstberg gewesen sein. In den 30er Jahren begannen die Planungen Lennés für die Gestaltung des Pfingstbergparks, der 1862 vollendet wurde. Die auf dem Gelände errichteten Villen wurden an dem Königshaus nahe stehende Adelige übergeben. Der Parkteil mit dem Weinmeisterhaus wurde ab 1868 durch den Berliner Bankier Hermann Henkel genutzt. Er hatte 1867/69 auf der Anhöhe die heute als Pflegeheim verwendete Villa errichten lassen. In dieser Zeit wurde auch das Kutscherhaus mit Pferdestall erbaut und das Gärtnerhaus um eine Remise erweitert. Nach dem Ende der Monarchie und der Auseinandersetzung über das Hohenzollernvermögen erhielt 1926 Oskar Prinz von Preußen, Sohn des letzen deutschen Kaisers Wilhelm II., den unteren Teil des Pfingstbergparkes zur Nutzung auf Lebenszeit. 1945 bis 1994 war das Gelände Teil des „verbotenen Städtchens“ der Westeuropazentrale des sowjetischen Geheimdienstes und musste schwere Verwüstungen hinnehmen. So wurde das einstige Oesfeldsche, dann königliche Landhaus als Hundestall verwendet und 1969 abgerissen. Das dazu gehörige neogotische Stallgebäude, als Sauna genutzt, brannte nieder. Auf dem Grundstück des Weinmeisterhauses (Lepsius-Villa) wurde der Stallanbau am Kutscherhaus niedergelegt. In den ungewohnten, asymmetrisch gestalteten Giebel des Gärtnerhauses wurden zwei große Öffnungen für Lkw-Garagen gebrochen. Der Remisenanbau verschwand. Ähnlich grobe Schädigungen erlitten durch missbräuchliche Nutzung die Villen Quandt und Schlieffen.
Erhart Hohenstein
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