Landeshauptstadt: Neue jüdische Gemeinde in Potsdam Nach Demo: Polizei ermittelt gegen Ud Joffe
In Potsdam steht die Gründung einer dritten jüdischen Gemeinde bevor. Wie der aus Israel stammende Dirigent Ud Joffe den PNN gestern erklärte, wollen die Mitglieder der Betergemeinschaft Minjan am Freitag dieser Woche die Synagogengemeinde Potsdam gründen, „eine orthodox geführte Einheitsgemeinde“, so Joffe, bei der „jeder herzlich willkommen ist“.
Stand:
In Potsdam steht die Gründung einer dritten jüdischen Gemeinde bevor. Wie der aus Israel stammende Dirigent Ud Joffe den PNN gestern erklärte, wollen die Mitglieder der Betergemeinschaft Minjan am Freitag dieser Woche die Synagogengemeinde Potsdam gründen, „eine orthodox geführte Einheitsgemeinde“, so Joffe, bei der „jeder herzlich willkommen ist“. Die religiöse Leitung der Gemeinde übernehme der Potsdamer Rabbiner Nachum Presman. Ihren Versammlungsraum werde die neue Gemeinde in der Hans-Thoma- Straße haben. Bislang gibt es in der brandenburgischen Landeshauptstadt die Jüdische Gemeinde Potsdam, deren Mitglieder zumeist aus der früheren Sowjetunion stammen sowie die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde.
Für Joffe ist die Neugründung der Gemeinde auch eine Reaktion auf Ausgrenzungserfahrungen mit der Jüdischen Gemeinde Potsdam. Religiös gestimmte Juden seien dort unerwünscht, so Joffe. Zwei mal bereits sei ihm persönlich Hausverbot für die Räume der Jüdischen Gemeinde in der Schlossstraße erteilt worden – zuletzt, als dort am 27. Mai 2010 der Synagogen-Bauverein tagte (PNN berichteten). Joffe und weitere Mitglieder der Betergemeinschaft Minjan kritisieren den Synagogen-Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland. Streitpunkt ist, dass der Synagogen-Neubau zu großen Teilen ein Gemeindezentrum der Jüdischen Gemeinde Potsdam beherbergen soll, der eigentliche Gebetssaal Joffe zufolge daher zu klein und zu unrepräsentativ sein werde. Eine von Ud Joffe und weiteren 30 Kritikern des Haberland-Entwurf angestrebte Mitgliedschaft im Bauverein hatte deren Vorsitzender Horst Mentrup von einer schriftlichen Zustimmung zum Haberland-Entwurf abhängig gemacht. Bauvereinsvorstand Hans-Jürgen Schulze-Eggert hatte vom Versuch einer „feindlichen Übernahme“ gesprochen. Auch religiös gibt es Differenzen zu den jüdischen Auswanderern aus der Sowjetunion: „Deren religiöses Interesse ist mir nicht klar“, sagte Joffe.
Das Hausverbot vom 27. Mai, als Potsdamer Juden um Ud Joffe an der Mitgliederversammlung des Synagogenbau-Vereins teilnehmen wollten, hat indes ein juristisches Nachspiel: Die Polizei ermittelt gegen den 42-jährigen Dirigenten wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht. Joffe und etwa 30 Personen hatten in der Schlossstraße Lieder gesungen, Joffe hielt eine Rede. Polizeisprecher Mario Heinemann sagte gestern, Joffe hätte diese Demonstration 48 Stunden vorher anmelden müssen. Der Dienstgruppenleiter habe keine andere Wahl gehabt, als eine Anzeige aufzunehmen. Joffe drohen bei einer Verurteilung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe, so der Potsdamer Rechtsprofessor Timo Hebeler. Wahrscheinlich sei eine „überschaubare Geldstrafe“. Allerdings sei auch eine Einstellung des Verfahrens möglich, falls der Anlass als spontan und nicht vorhersehbar angesehen wird. Guido Berg
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: