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Landeshauptstadt: Neue Kritik an Kirsch

SPD-Stadtverordneter soll Methoden der Stadt im Uferstreit mit denen der Nazi-Zeit verglichen haben

Stand:

Bei den Potsdamer Sozialdemokraten spitzt sich die Lage um den SPD-Stadtverordneten Wolfhard Kirsch weiter zu. Dem Eigentümer eines Grundstücks am Griebnitzsee wurde bisher von mehreren Mitgliedern der eigenen Partei vorgeworfen, persönliche Interessen im Uferweg-Streit vor seine Verantwortung als politischer Mandatsträger zu stellen. Zudem fühlen sich einige Sozialdemokraten von Kirsch getäuscht. Dazu trug vor allem bei, dass Kirsch öffentlich versichert hatte, er sei „für die durchgängige öffentliche Durchwegung der historischen Gärten am Griebnitzsee“. Dann wurde bekannt, dass er per Klage einen Zaun mit zwei Flügeltoren durchsetzen will, der von seinem Grundstück oberhalb des Weges bis zum Ufer reicht. Und nun droht der nächste Eklat. Kirschs Anwalt Christoph Partsch soll in Schriftsätzen für seinen Mandanten das Vorgehen der Stadt im Uferweg-Streit mit dem im Nationalsozialismus verglichen haben.

Dass es diese Vorwürfe gibt, hatte am Mittwoch der Vorsitzende Richter des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg bei der mündlichen Verhandlung um die so genannte Veränderungssperre – ein von den Stadtverordneten für zwei Jahre verhängtes und vom Gericht nun bestätigtes Bauverbot am Griebnitzsee-Ufer – erwähnt. Wie die Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts gestern bestätigte, habe der Richter gemahnt, dass es sich bei den Vergleichen mit Methoden der Nazi-Zeit um eine Entgleisung handele, die nicht in den Gerichtssaal gehöre.

Dass er oder sein Anwalt solche Vorwürfe gegen die Stadt erhoben hätten, dementierte Wolfhard Kirsch gestern gegenüber den PNN. Dies sei im Fall des zweiten Klägers gegen die Veränderungssperre so gewesen. Er selbst finde dies „nicht in Ordnung“. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Mike Schubert sagte auf PNN-Anfrage jedoch, er habe Einsicht in die Akten des Rechtsstreits zwischen Stadt und Kirsch genommen. Daraus zu zitieren sei nicht möglich, da die Akten nicht öffentlich seien, doch „nach meiner Kenntnis sind auch in den Klageunterlagen von Herrn Kirsch solche Vergleiche zu finden – auch hier finden sich Verweise auf die Arisierung und den Nationalsozialismus“, so Schubert. Dies sei „völlig inakzeptabel und nicht tolerierbar“. Kirschs Anwalt Partsch sagte gestern auf PNN-Anfrage, er müsse „genau nachsehen“, ob er in den Schriftsätzen für Kirsch diese Vergleiche gezogen habe. Definitiv getan habe er das für seinen zweiten, aus der Türkei stammenden Mandanten. Dieser fühle sich beim Vorgehen der Stadt, die den Grundstücksbesitzern für den Uferstreifen eine „nicht angemessene Entschädigung von 5 Euro pro Quadratmeter“ zahlen wolle, an die „schleichende Enteignung“ der Nazi-Zeit erinnert, sagte Partsch.

Neben den neuen Vorwürfen gegen Kirsch wird in der SPD auch diskutiert, ob der Stadtverordnete in angemessener Form den ihm zustehenden Verdienstausfall-Ausgleich in Anspruch nimmt. Wie bekannt geworden war, soll Kirsch bisher den Höchstsatz beantragt haben: 30 Euro für jede in Stadtverordnetengremien und Fraktionssitzungen verbrachte Stunde bis maximal 35 Stunden im Monat – also 1050 Euro monatlich. Dass andere freiberuflich tätige Stadtverordnete, so die Fraktionschefs von CDU und Grüne /Bündnis 90, nach eigenen Angaben auf die Ausgleichszahlungen verzichten, heizt die Debatte noch an. Zudem gab es Vorwürfe, Kirschs Abrechnungen seien nicht korrekt erfolgt. Ob Kirschs Ansprüche überprüft wurden oder werden, wollte die Leiterin des Stadtverordneten-Büros, Heike Ziegenbein, gestern nicht kommentieren. Kirsch selbst sagte gestern, es gebe die Ausgleichs-Regelung nun mal. Sich darüber aufzuregen, dass er sie nutze, sei „polemisch“. Wenn jemand die Ausgleichszahlungen abschaffen wolle, „bin ich gern bereit, ihn dabei zu unterstützen“.

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