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Streitobjekt. Diese Aufnahme von 1955 zeigt die Ruine des bereits im Zweiten Weltkrieg zerstörten Barockbaus. 13 Jahre später wurden die Reste gesprengt. Gegner und Befürworter streiten seit Jahren erbittert über den geplanten Wiederaufbau.

© Archiv

Tricksereien im Fall Garnisonkirche: Neue Unterstützer, neue Scharmützel

Garnisonkirchengegner werfen der Stadt vor, bei der Stiftungssatzung getrickst zu haben, die kontert - und der Berliner Fußball-Erstligist Hertha BSC gehört neuerdings zu den Unterstützern.

Stand:

Potsdam - Der Streit um den Wiederaufbau der Garnisonkirche sorgt für weitere Turbulenzen: Es geht um eine vermeintliche Trickserei der Stadtverwaltung und den Fußballverein Hertha BSC. Und über den fragwürdigen Umgang mit der privaten E-Mail eines Garnisonkirchenunterstützers. Die PNN geben einen Überblick über neue Wendungen in der Debatte.

Scharmützel um die Stiftungssatzung

Über den bereits 2008 von den Stadtverordneten mit großer Mehrheit gefassten Beschluss zum Beitritt der Stadt zur Stiftung für den Wiederaufbau ist ein Streit entbrannt. Gegner des Projekts werfen der Stadt vor, damals getrickst zu haben. So hätte den Stadtverordneten nur ein Entwurf für die Satzung der zu gründenden Stiftung vorgelegen – diese aber sei im Nachhinein und ohne Information an das Stadtparlament in wichtigen Punkten verändert worden. Unter anderem sei für die Stadt ein Vermögensschaden entstanden, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Kirche, Sandro Szilleweit, den PNN auf Anfrage.

Dabei geht es um das Grundstück für den Kirchenbau in der Breiten Straße, das damals von der Stadt kostenlos in das Stiftungsvermögen eingebracht wurde. In dem ersten Entwurf zur Satzung heißt es, dass Grundstück könne an die Stadt zurückfallen, wenn etwaige Schulden der Stiftung nicht beglichen und der Wiederaufbau der Kirche nicht abgeschlossen sei. In der später in Kraft getretenen Satzung liest sich der Passus anders – demnach könne das Grundstück nur noch an die Stadt fallen, „wenn ein kirchlich nutzbarer Gebäudeteil noch nicht errichtet ist“. Das aber ist mit der am Standort schon errichteten Nagelkreuzkapelle bereits der Fall – das Grundstück ist damit laut der Kritiker für die Stadt verloren. Das sei bewusst so geschehen, heißt es bei den Gegnern des Kirchenbaus. Schon seit Tagen verbreiten sie im Internet Bilder, auf denen die zwei Versionen der Satzung zu sehen sind. Motto: „Wir wissen, was ihr im Sommer 2008 getan habt.“

Die Stadt hält dagegen. Der damalige Entwurf sei von der Stiftungsaufsicht noch einmal geprüft und redaktionell verändert worden, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz – unter anderem sei inhaltlich der Förderung der kirchlichen Arbeit, aber auch der Förderung kultureller Zwecke, der Toleranz und des Völkerverständigungsgedankens mehr Gewicht gegeben worden. „Der Zweck des Wiederaufbaus der Garnisonkirche bleibt davon aber unberührt.“

Zur strittigen Grundstücksfrage verwies Schulz auf die für das Areal geltende sogenannte Garnisonkirchenklausel – damit habe die Treuhandanstalt die Stadt und das Land verpflichtet, die Fläche einer Institution unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die sich zum Wiederaufbau der Kirche verpflichtet. Stiftungsvorstand Peter Leinemann sagte, diese Regel sei sogar im Grundbuch verankert. Schulz sagte, die Stiftung habe für ihre Arbeiten sogar noch zusätzliche Flächen rund um das Baufeld regulär erworben. Insofern sei die Kritik nicht nachvollziehbar. Nicht mehr rekonstruierbar sei, warum die Stadtverordneten damals nicht über die Satzungsänderungen informiert wurden: „Wahrscheinlich hat man darauf verzichtet, da der Stiftungszweck ohnehin auf der Internetseite der Stiftung veröffentlicht war und ist.“ Auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte bereits mehrfach betont, dass Grundstück sei nicht verschenkt worden – durch die genannte Garnisonkirchenklausel sei es ohnehin praktisch wertlos gewesen.

Zum Hintergrund: Die Garnisonkirche war am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört und 1968 auf Befehl der DDR-Führung gesprengt worden. Die dazu gehörende Heilig-Kreuz-Gemeinde wurde enteignet.

Hertha für den Wiederaufbau

Unterstützung bekommen die Befürworter des Wiederaufbaus derweil aus Berlin: Der Fußballklub Hertha BSC setzt sich für das Projekt ein. Auf der Internetseite des Fußball-Erstligisten heißt es bereits seit der vergangenen Woche, man unterstütze die Initiative „selbstverständlich gern“. Das Projekt sei eine „gute Sache“. Dazugestellt ist ein Aufruf der Wiederaufbaustiftung zur Unterstützung für das Projekt: „Helfen Sie, damit diese schönste Kirche des norddeutschen Barock wiedergewonnen werden kann.“ Zu näheren Hintergründen äußerte sich der Verein auf PNN-Anfrage am Montag nicht, eine Sprecherin kündigte aber eine Antwort gegen Ende der Woche an. Auf einer neuen Internetseite für Unterschriften Pro-Garnisonkirche sind zudem die bekannte Schuhhandelskette Deichmann, die Deutsche Post und der Rewe-Discount im Marktcenter in der Breiten Straße als Projektpartner genannt.

Eine private Mail wird weitergeleitet

Wie erbittert die Debatte geführt wird, zeigt auch folgende Episode: Gegner des Projekts spielten den PNN jetzt eine aktuelle E-Mail von Burkhart Franck zu, dem Vorsitzenden des Fördervereins zum Wiederaufbau der Kirche. Diese stammt vom 15. September, 0.30 Uhr. Dabei schreibt der frühere Oberst an Mitglieder seines ehemaligen Generalstabslehrgangs der Bundeswehr und bittet darum, für die Garnisonkirche zu unterschreiben: „Falls Ihr dazu Lust habt, lade ich Euch ein, an der Abstimmungsschlacht teilzunehmen, denn andere Schlachten konnte uns unser Dienstherr ja bisher nicht bieten.“ Den PNN sagte er dazu am Montagabend, diese Aussage sei augenzwinkernd gemeint: „Bei der Bundeswehr nehmen wir nicht alles bierernst.“ Wie die Gegner an seine E-Mail gekommen sein, könne er sich nicht erklären. Konsequenzen ließ er offen.

Zugleich äußerte sich Franck auch zu diversen Vorschlägen, sich bei dem Projekt nur auf den Turm zu konzentrieren und das Kirchenschiff nicht oder in anderer Form zu bauen: „Das sind hübsche Gedankenspielereien – aber die Fördergesellschaft hat eine Satzung, die uns zum originalgetreuen Wiederaufbau der Garnisonkirche verpflichtet.“ Für eine Änderung sehe er keine Veranlassung.

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