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Von Peer Straube: Neuer Krach im Rathaus-Bündnis

SPD-Fraktionschef Schubert greift FDP-Abgeordnete wegen Äußerungen zu Hartz IV an

Von Peer Straube

Stand:

In der Rathaus-Kooperation aus CDU/ANW, SPD, Bündnisgrünen und FDP knirscht es gewaltig. Der SPD stießen jetzt Kommentare der FDP-Stadtverordneten Stephan Becker, Björn Teuteberg und Martina Engel-Fürstberger zu den umstrittenen Hartz IV-Äußerungen von FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle sauer auf.

So hatte jetzt Fraktionschefin Engel-Fürstberger Westerwelles Vergleich der Hartz-Sozialreformen mit „spätrömischer Dekadenz“ als „witzig“ bezeichnet. Diese Mentalität des ,die Trauben werden uns in den Mund wachsen’“ sei auch am „Trend zum Übergewicht“ erkennbar. Bei Becker wurden durch den Rom-Vergleich Assoziationen an Menschen geweckt, die sich „zu stark der Muße hingeben, herumfläzen und Weintrauben naschen“. Ähnlich äußerte sich Teuteberg.

SPD-Fraktionschef Mike Schubert keilte nun in Richtung seiner liberalen Kooperationskollegen öffentlich zurück. Per Pressemitteilung giftete Schubert, wer behaupte, Hartz IV-Empfänger gäben sich der Muße hin, wären übergewichtig oder hätten sich im Überfluss eingerichtet, sei „entweder ignorant oder nicht bei Sinnen“. Äußerungen wie jene der drei Stadtverordneten spalteten die Stadt und verhöhnten Hilfsbedürftige, so Schubert, der den Liberalen indirekt gar die Regierungsfähigkeit absprach: „Wer regieren will, sollte die gesamte Stadt im Blick haben.“

Die FDP reagierte gestern empört auf die Schelte des Kooperationspartners. Schuberts Worte seien „starker Tobak“, befand Engel-Fürstberger gegenüber den PNN. Wenn sie oder ihre Kollegen zu ihrem Parteichef äußern, „muss sich Herr Schubert da nicht per se einmischen“, sagte sie und wertete Schuberts Attacke als „Vorwehen des Oberbürgermeister-Wahlkampfes“. Offenbar würden nun „alle ein bisschen nervös“. Bekanntlich ärgert es die SPD, dass Liberale, CDU und Bündnisgrüne im September mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen um die Wahl zum neuen Stadtoberhaupt gehen und so aus ihrer Sicht die Chancen von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) schmälern.

Auch in der Sacharbeit liegen SPD und Liberale derzeit über Kreuz. Vor allem die Abstimmungen über das auf Stadtwerkegelände geplante alternative Jugendzentrum „Freiland“ riss tiefe Gräben. Während die Sozialdemokraten das von den Stadtwerken gesponserte Vorhaben befürworten, lehnt die FDP das Projekt nicht zuletzt aus finanziellen Gründen ab. Sie will mit dem Geld – die Stadtwerke wollen, wie berichtet, „Freiland“ mit einem Investitionszuschuss von 440 000 Euro bedenken – lieber ein kostengünstigeres Schülerticket bezahlen. Die CDU ist ebenfalls gegen „Freiland“.

Auch in der Haltung zum bündnisgrünen Baudezernenten Matthias Klipp liegen SPD und FDP ziemlich weit auseinander. In der vergangenen Woche war eine private E-Mail Klipps öffentlich geworden, in der dieser mit der Arbeit von Politik und Verwaltung hart ins Gericht gegangen war und als Beispiel vor allem die Probleme um die Sanierung der Stadt- und Landesbibliothek ins Feld geführt hatte. Während die SPD Klipp dafür öffentlich rüffelte, hatten sich die Liberalen hinter den Baudezernenten gestellt.

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