Landeshauptstadt: Neues Tierheim geht an Tiertafel und Treberhilfe
Ausschreibung entschieden – Stadt will künftig auch mehr zahlen / Beschluss nach Protesten vertagt
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Eiche - Die Stadt hat sich nach jahrelangen Streitigkeiten für einen Betreiber für ein neues Potsdamer Tierheim entschieden: Der Verein Tiertafel Deutschland e.V. soll nach PNN-Informationen gemeinsam mit der Treberhilfe Berlin gGmbH den Zuschlag bei einer europaweiten Ausschreibung erhalten. Die EJF-Lazarus-Gesellschaft, die sich auch beworben hat, bleibt außen vor. Einer der beiden neuen Träger soll das Tierheim auf einem Grundstück der Stadt in Eiche bauen. Am Heim soll es einen Tierfriedhof geben.
Der Betrieb des neuen Tierheims soll allerdings teurer als bisher werden. Bislang zahlt die Stadt 130 000 Euro jährlich, um herrenlose Tiere im 70 Kilometer entfernten Kremmen unterzubringen. Rund 285 000 Euro pro Jahr möchte die Stadt künftig für das Tierheim ausgeben, das bis Ende 2010 auf 72 Hektar am Weg nach Bornim in Eiche entstehen soll.
Gestern Abend wurde diese Entscheidung den Stadtverordneten im nicht-öffentlichen Teil des Hauptausschusses vorgelegt. Die Details, die Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) im Ausschuss präsentierte, waren zahlreich: So soll das neue Heim den Schutz und die Vermittlung von Tieren mit einem sozialpädagogischen Angebot koppeln, das speziell obdachlosen Jugendlichen in ihrer Entwicklung helfen soll.
Die geplante Abstimmung allerdings wurde gestern trotz des Werbens der Beigeordneten Müller verschoben. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) vertagte die Entscheidung um zwei Wochen. Der Grund: Wegen der Bedenken der Anwohner in Eiche soll zunächst geprüft werden, ob trotz strenger Vergabevorschriften eine Bürgerversammlung stattfinden könne. Besonders die Linken-Vertreter sprachen sich dafür aus, zuvor hatte Ortsvorsteher Ralf Jäkel (Linke) vehement eine öffentliche Information der Verwaltung gefordert. Der Tierheim-Plan stößt bei Anwohnern auf Ängste; besonders das sozialpädagogische Zusatzangebot wird argwöhnisch betrachtet. Elona Müller hatte wiederholt erklärt, eine detaillierte Information der Öffentlichkeit könne es während eines Ausschreibungsverfahrens nicht geben, da sonst der Prozess gefährdet sei und womöglich neu beginnen müsste. Nun soll im nächsten Hauptausschuss in zwei Wochen erneut beraten werden.
Damit ist das Dauerthema Tierheim nach jahrelangen Debatten um eine Querele reicher. Das frühere Tierheim Am Wildpark war Ende 2007 nach einem Streit zwischen Stadtverwaltung und dem Potsdamer Tierschutzverein (TSV) geschlossen worden. Danach hatte zunächst das „Pfötchenhotel“ in Beelitz die kommunale Pflichtaufgabe übernommen, Fundtiere zu betreuen – und seit Januar diesen Jahres die Sirius-Hundepension in Kremmen. Parallel dazu hatte die Verwaltung mit einer europaweiten Ausschreibung nach Bewerbern gesucht, die ein Tierheim bauen und den Betrieb mit einem Hilfskonzept für sozial bedürftige Menschen koppeln.
Auch dies bekamen die Stadtverordneten gestern nach PNN-Informationen genau erklärt. Demnach sollen in dem Tierheim bis zu 20 obdachlose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Jugendliche arbeiten, um sich wieder an Werte wie Zuverlässigkeit und einen regelmäßigen Tagesablauf zu gewöhnen. Der Bedarf sei groß: Bereits vor einem Jahr hatte die Arbeiterwohlfahrt, die das Obdachlosenheim am Lerchensteig betreibt, auf steigende Zahlen junger Obdachloser hingewiesen. Die Arbeit im Tierheim soll auch für neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt sorgen; dafür soll es eine enge Kooperation mit der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitsuchende geben. Henri Kramer
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