zum Hauptinhalt

Homepage: Neuland

Frau Stürmer, FUB oder UFF? Wie wird die Abkürzung für die neue Filmuniversität Babelsberg lauten?

Stand:

Frau Stürmer, FUB oder UFF? Wie wird die Abkürzung für die neue Filmuniversität Babelsberg lauten?

Weder noch. Wir werden uns ganz selbstbewusst Filmuniversität nennen. Daraus wird dann sicher schnell Filmuni, was auch gut klingt. HFF als Kürzel war immer auch ein Problem, weil die Münchner Filmhochschule den gleichen Namen trägt. Nun also ohne Kürzel.

HFF war eine bewährte Marke, der Abschied davon wird nicht leichtfallen.

Ein Teil des Namens bleibt erhalten – „Konrad Wolf“. Auch die Filmuniversität wird diesen Namen tragen. Zudem bleibt Babelsberg auch weiter im Namen. Ansonsten sind wir aber auch stolz auf die Veränderung. Das zeigen wir auch gerne in der Namensänderung. Damit wollen wir auch signalisieren, dass wir auf einem Weg sind, der uns weiter führt. Ich habe in der Hochschule keine Wehmut wegen des Namenswechsels vernommen.

Eine Filmhochschule bietet primär eine handwerkliche Ausbildung. Ist es nicht ein großes Wagnis, daraus eine stärker an Forschung orientierte Universität zu machen?

Die Forschung ist eine Ergänzung, es wird nichts wegfallen. Filmausbildung ist ja seit jeher nicht nur Handwerk. Tatsächlich haben wir eine künstlerisch-kreative Ausbildung mit Aspekten des Handwerks und dies war schon immer eine sehr umfassende Ausbildung. Nun unterstreichen wir mit der Forschung einen Bestandteil, den wir schon länger verfolgen, denn vieles von dem, was wir im Filmbereich machen, tangiert auch forschende Fragestellungen. Wir wollen uns auf Neuland begeben, wir wollen die konzentrischen Kreise um den kreativen Kern vergrößern.

Gab es innerhalb der HFF keine Widerstände?

Nein, wir loten in Gesprächen aus, was Filmuniversität für uns bedeutet. Dabei gab es gar keinen Widerstand. Wir haben einen gemeinsamen Gestaltungswillen und meiner Wahrnehmung nach haben viele in der Hochschule große Lust auf diesen Weg. Wir entwickeln die Filmuni nicht nach Handbuch, sondern kreieren sie aus den unterschiedlichen Aspekten. Eine große Hürde zur Universität haben wir zudem mit der Umstellung aus Bachelor- und Masterstudiengängen schon hinter uns. Hier sind wir in Deutschland die einzige Filmhochschule, die schon so weit ist. Das war ein entscheidender Schritt.

Die Filmproduktion soll weiter im Zentrum stehen. Wie wird das Verhältnis von Lehre und Forschung in Zukunft aussehen?

Wir stehen nun vor der Aufgabe, Forschung und Lehre noch einmal enger miteinander zu verzahnen. Wir werden die Themen miteinander besser verknüpfen und auch ganz gezielt Studiengänge einführen, die einen starken Forschungsaspekt haben – gerade im Masterbereich. Zum Beispiel Master Filmkulturerbe oder Master Application Design, also dem Zusammenspiel von Inhalten und Medien-IT. Auch die Frage nach neuen Erzählformen im Zusammenhang mit der technologischen Entwicklung berührt gleichzeitig die Forschung und Lehre.

Die Filmuniversität wird die erste ihrer Art in Deutschland sein. Sind Sie nicht ein wenig nervös, wenn es in Deutschland keine Orientierungshilfen gibt?

Nein, das macht mich keineswegs nervös. Ich finde dies eine positive Situation, in der wir Neuland betreten. Unsere Herausforderung ist vor allem, uns an unseren eigenen Ansprüchen zu messen. Die Kraft, die wir haben, unsere Größe und Vielfalt, aber auch der große Zuspruch von außen, das macht mich sehr zuversichtlich, dass wir eine Menge auf die Beine stellen werden.

In Potsdam gibt es bereits die Europäischen Medienwissenschaften an der Uni und FH. Wie groß ist der Forschungsbedarf im Medienbereich?

Forschung im filmischen Bereich sind nicht alleine Medienwissenschaften. Der ganze Bereich der technologischen Entwicklung – 3D, Interaktivität, 180-Grad-Projektion, Application Design, um Beispiele zu nennen – ist beispielsweise ein wichtiges Forschungsfeld. Die Frage nach intelligenten und interaktiven Oberflächen für das Fernsehen beispielsweise, mit denen sich die Zuschauer selbstständig durch das Programm bewegen können, wird in der Zukunft wichtig. Diese wird zurzeit häufig nur von der technischen Seite her betrachtet. Der Blick von kreativer Seite auf die Inhalte fehlt noch, etwa wie man den Zuschauer emotionaler durch das Programm führen kann. Das Zusammenspiel von Medien-IT und Inhalten ist ein neues Forschungsfeld. Dazu suchen wir unter anderem auch den Kontakt zu den Informatikforschern des Hasso-Plattner-Instituts.

Gibt es denn einen nennenswerten Arbeitsmarkt für Filmwissenschaftler?

Generell haben wir an der Hochschule eine gute Lage für unsere Absolventen, weil wir sehr qualifizierte Fachkräfte ausbilden. Aus meiner Sicht wird dies noch besser werden, weil das Thema Film immer breiter gedacht wird. Da kommen ganz neue Player auf den Markt, jenseits der klassischen Verwertungskette von Kino und Fernsehen. Das sind Video-on-Demand-Plattformen, aber auch Verlage oder Telekommunikationsfirmen oder die werbetreibende Wirtschaft, die zunehmend auf Bewegtbild setzen. Dennoch: Der Kinofilm wird für uns weiterhin die Königsdisziplin bleiben, das Kino als Abspielstätte bleibt ein eigenes Metier. Wir wollen nichts gegeneinander ausspielen, Pluralität in der Aufstellung ist es, was heute Stärke gibt.

Der Film ist mittlerweile

das Leitmedium des 21. Jahrhunderts. Und das ist auch ein dringlicher Grund, wieso sich eine Universität mit dem Thema auseinandersetzen sollte. Der Film hat für die ganze Gesellschaft heute eine große Bedeutung, das betrifft weit größere Kreise als nur die Filmbranche. Daher werden wir nach der gesellschaftlichen Bedeutung des Films fragen. Das andere ist, dass im Film durch die Digitalisierung im Moment sehr viel passiert. Durch das Aufblättern der Vertriebswege gibt es beispielsweise ganz neue Genremöglichkeiten – von sehr kurzen Filmen über halbstündige Formate und Serien bis hin zum klassischen 90-Minuten-Spielfilm. Gutenbergs Buchdruck war die eine große Revolution für die Medien, die Digitalisierung nun ist die nächste.

Ein hart umkämpftes Terrain.

Wir können Forschung und Entwicklung in diesem Bereich betreiben und unsere Expertise ausbauen. Viele Medienunternehmen sind auf die Marktveränderungen noch gar nicht eingestellt, manche kommen mit Ideen entweder zu früh oder zu spät. Wer hat schon die Kapazitäten, sich mit diesen Fragen tiefergehend auseinanderzusetzen? Das haben nicht einmal die großen Produktionshäuser, Verlage, Sender oder Verleihfirmen. Vieles findet nach dem Trial-and-Error-Prinzip statt, oft endet das dann auch schmerzhaft.

Sie haben auch positive Resonanz aus der Filmwirtschaft erhalten. Wer hat sich gemeldet, die Paramount Pictures?

Nein, eher aus der deutschen Film- und Medienbranche kommt ein großer Zuspruch zur Filmuni. Der Wille zu Reform und Veränderung wird gut verstanden. Auch in der Praxis kann niemand einfach die Vergangenheit fortschreiben.

Es soll an der Filmuni auch künstlerische Forschung geben. Wie kann die Kunst forschen?

Die HFF hat bereits seit Längerem ein Institut für künstlerische Forschung, das die Vernetzung innerhalb der Hochschule und nach außen vorantreibt. Den Begriff der künstlerischen Forschung kann und sollte man nicht mit wenigen Worten erklären, er umfasst verschiedene Herangehensweisen. Das kann etwa die Reflexion des eigenen künstlerischen Handelns sein. Oder ein engeres Zusammenspiel von künstlerischen und klassisch wissenschaftlichen Prozessen.

Ein Beispiel bitte.

Eine künstlerischer Mitarbeiterin und Promovendin im Studiengang Montage bei uns befasst sich beispielsweise mit der Frage, wie sich Geschlechterbilder durch die Arbeit mit dem Filmmaterial beeinflussen lassen und beeinflusst werden. Der Austausch von klassischen wissenschaftlichen und künstlerischen Prozessen kann etwa zwischen Neurowissenschaftler und Filmemacher stattfinden, die sich mit dem menschlichen Körper befassen. Gerade unlängst hatten wir eine entsprechende Veranstaltung an der Hochschule. Ein weiteres Feld ist das Forschen und Lehren mit den Mitteln des Films, etwa im Bereich E-Learning.

Die Filmhochschule begeht in diesem Jahr ihr 60. Jubiläum. Ein weiter Weg. Ist man nun als Filmuni am Ziel angekommen?

Nein, gar nicht. Wir werden keinen harten Cut machen, sondern den Weg weitergehen und auch Traditionen fortführen. Für uns ist das ein konsequenter Weg. Auch in der Vergangenheit wurden Name und die Aufstellung der Filmhochschule mehrfach geändert. Das sind alles Bausteine, die am Ende unser Haus ausmachen. Oder den Fluss, der sich aus vielen Zuflüssen speist.

Wird die Filmuniversität bei den Studierendenzahlen wachsen?

Wir werden über die geplanten neuen Studiengänge auch ein Wachstum bei den Studierendenzahlen erhalten. Dabei werden zu den derzeit rund 550 Studierenden, mit jedem neuen Studiengang etwa zehn bis 15 weitere hinzukommen. In den meisten Studiengängen haben wir aber eine Limitierung der Kapazität. Aufgrund der hohen technischen Anforderungen und dem guten Betreuungsverhältnis ist bei uns eine qualitätsvolle Lehre immer nur mit einer begrenzten Studierendenanzahl zu leisten. Wir werden hauptsächlich in der Breite und Tiefe der Aufgaben wachsen.

Das Gespräch führte Jan Kixmüller

Susanne Stürmer (50) ist seit 2013 Präsidentin der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF). Zuvor war die studierte Volkswirtin Geschäftsführerin der Produktionsfirma Ufa.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })