Landeshauptstadt: Neustart auf dem Arbeitsmarkt 105 000 Euro für Arbeit mit psychisch Kranken
Das Programm ist abgestürzt, das System blockiert - beim Computer hilft da oft nur ein Neustart, ein „Reboot“. Auch im Leben gibt es Situationen, in denen man sich einen Neustart wünscht.
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Das Programm ist abgestürzt, das System blockiert - beim Computer hilft da oft nur ein Neustart, ein „Reboot“. Auch im Leben gibt es Situationen, in denen man sich einen Neustart wünscht. Die Chance auf einen Neubeginn auf dem Arbeitsmarkt erhalten nun 25 psychisch kranke Menschen aus Potsdam, die ab dem ersten Juni für eine Dauer von zwölf Monaten am Projekt „reboot“ der Aktiva-Werkstätten im Oberlinhaus teilnehmen werden. Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) überreichte gestern dem Geschäftsführer Rüdiger van Leeuwen einen Förderbescheid über 105 000 Euro. Das Geld stammt aus dem Europäischen Sozialfonds und ist Teil des Regionalbudgets. Mit diesem Förderinstrument entwickeln die Kommunen des Landes Brandenburg Projekte zur Beschäftigung von arbeitslosen Menschen.
Potsdam erhält seit 2007 Gelder aus dem Regionalbudget und konnte den Angaben zufolge bisher 450 Menschen erreichen. Etwa 40 Prozent von ihnen konnten wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Erstmalig werden mit dem Projekt „reboot“ nun gezielt Menschen mit psychischen Erkrankungen gefördert. „Dieser Personenkreis hat es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer“, betont Müller-Preinesberger. Depressionen, schwere Psychosen oder Suchterkrankungen – dies seien die häufigsten psychischen Erkrankungen, die für die Betroffenen nicht nur private, sondern auch berufliche Einschnitte bedeuten, erläutert Christian Kieser, Chefarzt des Zentrums für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Bergmann-Klinikums. 70 000 Menschen hätten bundesweit allein im Jahr 2010 wegen psychischer Erkrankungen ihren Arbeitsplatz aufgeben müssen – das entspreche etwa 40 Prozent aller Rentenneuzugänge aufgrund von Erwerbsunfähigkeit. Doch der Arzt weiß auch: „Psychisch kranke Menschen und Arbeit – das ist eine sehr wichtige Beziehung.“ Oft beeinflusse ein Arbeitsplatz den Verlauf der Erkrankung positiv.
In den Aktiva-Werkstätten arbeiten bereits heute 60 Menschen mit psychischen Erkrankungen. „Wir wissen, welche Erwartungen diese Menschen haben und was sie benötigen“, sagt Rüdiger van Leeuwen. So individuell wie die Krankheitsgeschichte und Lebensläufe der Menschen, so individuell sind auch ihre Bedürfnisse. Nach dem ersten Kennenlernen im Juni werden die Teilnehmenden des Projekts nach ihren eigenen Wünschen und Fähigkeiten eingesetzt. Die Arbeitgeber werden dabei zunächst aus den 13 Gesellschaften des Oberlinhauses stammen. So gibt es Arbeitsmöglichkeiten in der Küche, im Garten oder in der Reinigung. Doch auch anspruchsvolle Tätigkeiten – etwa im Architekturbüro – sind möglich. Die Betreuung ist dabei intensiv. Neben dem Projektleiter Detlef Schröder werden zwei weitere Mitarbeiter für Teilnehmer und Arbeitgeber ständig ansprechbar sein. Die Jobcoachs sollen Probleme frühzeitig erkennen, Hilfestellungen geben und Arbeitgeber und Personal im Umgang mit den Erkrankten schulen. „Wenn dieses Projekt erfolgreich ist, wird es auch in den anderen Kommunen Schule machen“, hofft Elona Müller-Preinesberger. Heike Kampe
Für „Reboot“ können sich arbeitslose Menschen mit psychischen Erkrankungen bei den Aktiva-Werkstätten, Leiterstraße 10 A, 14473 Potsdam, bewerben.
Heike Kampe
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