Landeshauptstadt: Nicht eine jüdische Einrichtung im Land
Gesetzestreue demonstrierten gestern vor ehemaligem Synagogenstandort / Kritik an Landesregierung
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Mit Israel-Fähnchen, Klezmermusik und Fackeln demonstrierten gestern Abend rund 40 Mitglieder der Gesetzestreuen Jüdischen Landesgemeinde gegen Diskriminierung und Willkür. Das nämlich wirft die orthodoxe Gemeinde der Landesregierung Brandenburg vor.
Als Demonstrationsort wählten sie den einstigen Standort der Potsdamer Synagoge am Platz der Einheit, auch im Gedenken an den 69. Jahrestag der Pogromnacht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde auch das Gotteshaus der Potsdamer Juden von den Nationalsozialisten geplündert und geschändet. „Mit unserer Übersiedelung von der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland Anfang der 90er Jahre haben wir gehofft, dass Brandenburg die Wiederherstellung jüdischen Lebens befördert“, erklärte gestern Shimon Nebrat, Geschäftsführer der Gesetzestreuen Gemeinde. Bis heute aber gebe es im ganzen Land Brandenburg nicht eine jüdische Einrichtung: Weder Kindergärten, noch Schulen oder Jugendclubs. Als einziges sei mit hohem finanziellen Aufwand eine neue Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof in Potsdam errichtet worden. Zwar gehöre das Bestatten in gewisser Weise auch zum jüdischen Leben dazu, sagte Nebrat. Aber es genüge nicht. Der gesetzestreue Jude kritisierte auch die finanzielle Ausstattung der Gemeinden. Die acht jüdischen Religionsgemeinschaften in Brandenburg erhielten insgesamt jährlich 200 000 Euro. Andere Bundesländer zahlten mindestens das Dreifache, so Nebrat. Hinzu käme, dass inzwischen per Staatsvertrag geregelt sei, dass die Konkurrenzgemeinde die Jüdische Landesgemeinde den Betrag ausgezahlt bekäme und einen Teil den Orthodoxen abgeben solle, mit dem Ergebnis, dass sie leer ausgingen. Diese Vorgehensweise der Landesregierung sei nicht nur „bedauerlich, sondern auch judenfeindlich und verfassungswidrig“, so der Geschäftsführer. Das hatte auch das Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) in einem Urteil vom Mai 2005 so gesehen. Das Land habe sein Vorgehen seit dem nicht geändert. „Wir werden so lange und so oft demonstrieren, bis auch die Landesregierung ihr fehlerhaftes Handeln begreift“, kündigte Nebrat an.
Die Gesetzestreuen zogen das Gedenken dem offiziellen Tag, dem 9. November, vor. In diesem Jahr fällt er auf einen Freitag, an dem die Juden ihren Schabbat feiern. An diesem Ruhetag fänden bei den Gesetzestreuen keine Veranstaltungen statt, hieß es. Nicola Klusemann
Nicola Klusemann
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