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Landeshauptstadt: Nicht Koch, nicht Kellner – gastronomische Visionäre

Der Kartoffel-Pub in Babelsberg wird zehn Jahre alt – die beiden Betreiber Andreas Schlausch und Siegbert Nicolaides haben noch viel vor

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Der Kartoffel-Pub in Babelsberg wird zehn Jahre alt – die beiden Betreiber Andreas Schlausch und Siegbert Nicolaides haben noch viel vor Von Michael Erbach Das Projekt Kaiserbahnhof hängt ihnen noch immer nach. „Wir haben zwei Jahre lang unsere ganze Energie darauf verwendet“, konstatiert Andreas Schlausch. Und sein Partner Siegbert Nicolaides ärgert sich noch immer darüber, dass die 200 000 Euro, die sie in die Planung gesteckt - und verloren haben, „uns bei anderen Projekten fehlen“. Ende 2001 waren die Verträge für das Gastronomie- und Kulturprojekt Kaiserbahnhof der beiden Gastronomen unterschriftsreif, da verkündete der Eigentümer des Denkmals, die Deutsche Bahn AG, nun selbst als Projektentwickler aufzutreten. Seit einigen Tagen wird auf dem Gelände des Welterbedenkmal gebaut. Schlausch ist sich sicher: „Wenn wir nicht gezeigt hätten, dass man aus dem Kaiserbahnhof was machen kann, dann wäre die Bahn immer noch untätig - und das Denkmal würde weiter verfallen.“ Da schwingt dann auch so etwas wie Stolz in seiner Stimme mit. Auch wenn der dickste Brocken, den Schlausch und Nicolaides bislang stemmen wollten, nicht zu einem glücklichen Ende führte - ein glückliches Händchen haben die beiden doch. Immerhin feiert der Kartoffel Pub in der Großbeerenstraße in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Das damals neue Konzept, die Verbindung Speisegaststätte mit Bierkneipe, war, so Schlausch, „von Anfang an ein Erfolg“. Ganz am Anfang aber – das war im April 1990 – war ein Imbissstand auf dem Parkplatz von Sanssouci, „ein ausrangierter Wagen, aber der erste West-Imbiss in Potsdam“, erzählt der 43-jährige Schlausch. Nur ein Jahr später waren es schon fünf Imbissstände. Nur zweihundert Kilometer weiter baute Nicolaides – sein Kumpel aus Studienzeiten und Freund vom Erdöl-Trassenbau in der Sowjetunion – in Hoyerswerda und Wittichenau sein eigenes kleines Imbiss-Imperium auf. Ende 1993 verkaufte er alles, kam nach Potsdam, denn der Kartoffel Pub sollte ihr erstes gemeinsames Projekt werden. Es funktionierte und blieb auch nicht die letzte gemeinsame Unternehmung. Unter ihrer Regie stand der Kartoffel Pub in Neuruppin und die „Holländer Mühle“ bei Werder. Dass diese beide Restaurants und auch die Gaststätte am Schillerplatz nicht mehr zu ihnen gehören, hat seinen Grund: Schlausch und Nicolaides konzentrierten ihre Aktivitäten zunehmend auf die Babelsberger Großbeerenstraße. Zum dortigen Kartoffel Pub gesellte sich der American Pub –inzwischen ein Veranstaltungshaus –, der Pizza Pub, das Bowling-Center und Klärchens Tanzcafé. Alles Schlausch und Nicolaides, die inzwischen 20 Angestellte, 9 Lehrlinge und etwa 20 Pauschalkräfte beschäftigen. Sie selbst stehen nicht in der Küche und auch nicht hinter dem Tresen. Nicht aus Faulheit. „Nur so haben wir die Zeit, uns um unsere Projekte zu kümmern“, sagt Nicolaides. „Außerdem“, so der ebenfalls 43-Jährige, „verschlingt der ganze Bürokram unheimlich viel Zeit.“ Die Bürokratie, die Steuern, die Banken – das sind Reizthemen für die beiden. Und Schlausch kann locker 20 Institutionen aufzählen, die alle am Umsatz der beiden mitverdienen, „ohne dass sie wirklich etwas für uns tun“. Gastronomen haben ihre eigenen Lebensrhythmus. Immerhin haben sie es geschafft, so etwas wie eine geregelte Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren. Einer hat von Montag bis Sonntag den Full-Time-Job, zieht durch, auch nachts. Der andere kann abends nach Hause zu Frau und Kind. Könnte. Denn der „freie Mann“ muss alle Sonderveranstaltungen betreuen. Schlausch: „Und das sind viele im Jahr.“ Aber wenigstens Urlaub, das geht. Aus den Studenten für Energieversorgung und Kraftwerkstechnik, den Mitarbeitern bei Gebäudewirtschaft und Energiekombinat sind zwei erfolgreiche Gastronomen geworden. Das Schöne am Job: „Der ständige Kontakt zu den Gästen – fast immer angenehme Menschen“, sagt Schlausch. „Ja, das war der richtige Schritt“, so Nicolaides. An diesem Wochenende wird erstmal 10-Jähriges gefeiert: Heute Abend spielen u. a. der Fanfarenzug, „Big Beat Boys“ und „Fünf-Sterne-Band“, morgen findet ein Irish Folk Festival statt. Künftig soll es überhaupt wieder mehr Live-Veranstaltungen geben. Außerdem suchen Andreas Schlausch und Siegbert Nicolaides nach Möglichkeiten, größere Veranstaltungen für 300 bis 600 Gäste durchführen zu können. Und da ist noch das ehemalige Lehrlingswohnheim der Bahn in der Zeppelinstraße. Dort wollen sie ein weiteres Restaurant eröffnen. Nicolaides: „Es soll etwas ganz besonderes werden.“ Eine neue gastronomische Vision für Potsdam – so viel wird verraten. Schlausch: „Wir brauchen das einfach.“

Michael Erbach

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