Landeshauptstadt: Nicht nur das Inventar hat ausgedient Räumungsverkauf in der Humboldt-Buchhandlung
Innenstadt - Wenn eine Buchhandlung aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben muss, bleiben nicht nur Bücher übrig. Beim Ausverkauf in der Alexander-von- Humboldt-Buchhandlung am Kanal 47 standen gestern neben Schmökern und Hörspielen auch alte Bürostühle für fünf Euro zum Verkauf, eine weiße Kaffeemaschine für 15 Euro und ein ganzer Stapel orangefarbener PlastikEinkaufskörbchen aus DDR Zeiten für 50 Cent das Stück.
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Innenstadt - Wenn eine Buchhandlung aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben muss, bleiben nicht nur Bücher übrig. Beim Ausverkauf in der Alexander-von- Humboldt-Buchhandlung am Kanal 47 standen gestern neben Schmökern und Hörspielen auch alte Bürostühle für fünf Euro zum Verkauf, eine weiße Kaffeemaschine für 15 Euro und ein ganzer Stapel orangefarbener PlastikEinkaufskörbchen aus DDR Zeiten für 50 Cent das Stück. „Natürlich ist es ein bedrückendes Gefühl alles zu verkaufen, was unser Arbeitsleben begleitet hat“, sagte die bisherige Leiterin der Buchhandlung, Sabine Meier. Aber bei einer Insolvenz sei so etwas eben unvermeidlich.
Seit 1974 hatte es die Buchhandlung an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/ Am Kanal gegeben, zunächst in staatlicher Hand, seit 1991 als von Mitarbeiterinnen gegründete Alexander-von-Humboldt- GmbH. Bis 1996 habe sich das Geschäft auch gut entwickelt, so Meier, „doch danach ging es stückchenweise bergab“. Nachdem immer mehr Läden in dem Gebäudekomplex der Stadt- und Landesbibliothek geschlossen haben, blieb die Laufkundschaft aus. „Obwohl wir Stammkunden hatten, waren wir insgesamt zu weit ab vom Schuss“, sagte sie.
Im Mai dieses Jahres meldete die Geschäftsführung dann Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit an. „Man hätte den Mitarbeitern kein Gehalt mehr zahlen können“, so Meier. „Dazu kamen offene Verpflichtungen gegenüber Lieferanten.“ Rechtsanwältin Ina Schacht von der Berliner Kanzlei „Feser und Spliedt“, die mit der Insolvenzverwaltung betraut ist, bestätigte: „Es gab Tage, an denen der Laden überhaupt keinen Umsatz mehr gemacht hat. Das konnte so nicht weitergehen.“
Eine Mitarbeiterin, die noch stundenweise beim Resteverkauf aushilft, sagte: „Ich fürchte, dass hier nicht nur das Inventar ausgedient hat, sondern auch das Personal. Wir sind ja alle deutlich über 40 und werden wohl nichts Neues mehr finden.“ Von den ehemals 17 Mitarbeiterinnen haben 15 bisher keinen neuen Arbeitgeber gefunden.
Auch die Kunden, von denen gestern wohl so viele da waren wie schon seit Jahren nicht mehr, äußerten Bedauern. „Ich bin vor allem wegen der freundlichen Beratung immer hierher gekommen“, sagte Karin Wiedermann. In den letzten Jahren jedoch immer seltener, sagt sie dann, weil Bücher einfach immer teurer geworden seien. „Vor der Euro-Umstellung hat ein Taschenbuch neun Mark gekostet, heute sind es neun Euro. Da überlegt auch eine Leseratte zwei Mal.“ Gestern kaufte sie sich zum Abschied aber noch einen russischen Kriminalroman. Lehramtsstudent Steve Kallis hatte in der Humboldt-Buchhandlung vor allem Lehrwerke für Biologie und Geografie gekauft. Nur wenige Buchläden in Potsdam hätten eine vergleichbare Fachabteilung, so Kallis.
„Eine Buchhandlung, die Fachbücher anbietet, hat es immer schwerer als eine, die nur auf Massenware setzt“, sagte Sabine Meier. Die Mitarbeiterin an der Kasse nickte. „Aber trotzdem“, sagte sie dann, „hätten wir schon vor Jahren auf den Kundenschwund reagieren müssen.“
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