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Geplapper. Die sprechende Mülltonne von Gert-Hinnerk Winek.

© Andreas Klaer

Von Jan Kixmüller: Nicht nur fürs Auge

An der FH präsentieren Design-Studierende ihre Arbeiten der vergangenen zwölf Monate

Stand:

Da kommt Leben in die Küche. Der Mülleimer winkt hungrig mit seinem Deckel, beschwert sich, wenn man ihm den falschen Müll verfüttert und kann bei Bedarf auch mal den Wetterbericht vorlesen oder Umwelttipps geben. Keine Zukunftsmusik, sondern schon längst als Prototyp am Fachbereich Interface-Design der Fachhochschule Potsdam entwickelt. „Sprechender Mülleimer“ („Talking Trashbin“) heißt die innovative Idee, seit gestern kann man sein Geplapper in der Ausstellung der Jahrespräsentation des Fachbereichs Design an der Fachhochschule Potsdam begutachten.

Es gehe um eine digitale Erweiterung der Alltagsgegenstände, erklärt der FH-Dozent Reto Wettach. Allerdings sind solche Entwicklungen von Studierenden noch „kreative Explorationen“, die mit den technischen Möglichkeiten spielen. Marktreife Produkte sollen für die Auszubildenden noch nicht im Vordergrund stehen. „Die Richtung ist so neu, dass wir das Feld erst öffnen“, sagte Wettach. Die technischen Möglichkeiten dazu gebe es zwar schon länger, doch die Designer, die bislang die Hochschulen verließen, denken diese noch nicht mit den Ansätzen der Gestaltung zusammen. „Das wird sich mit den nächsten Generationen ändern“, schätzt Wettach, der seine Studierenden in diese Richtung sensibilisiert.

Design-Dekan Prof. Rainer Grahn kann das nur bestätigen. Zusammen mit einem Studenten stellt er ein Steuergerät für eine im Körper befindliche Medikamentenpumpe vor. Das Gerät ist etwas größer als ein Lippenstift und wird ähnlich einer Spritze auf die Haut gesetzt, um die Ausschüttung von Medikamenten zu aktivieren. Die verschiedenen Bereiche des Designs (Produkt-, Kommunikations- und Interfacedesign) würden zunehmend zusammen Lösungen für technische Entwicklung erarbeiten. „Es geht nicht mehr nur um das Äußere, sondern verstärkt auch um die Anwendbarkeit“, erklärt er. Die Designer müssen sich stärker auch mit den Menschen auseinandersetzen, die schließlich die Anwender sind“. Während der Ingenieur nur auf die Funktion achte, könne der Designer die Funktionalität verbessern. Zudem werde Design immer mehr zum Wettbewerbsfaktor bei Konsumgütern und Technik.

Auf seinem Hemd trägt Prof. Grahn einen Sticker mit einer durchgestrichenen Pflaume. „Keine Pflaumen“ ist das Motto des Alumni-Tages heute an der FH, bei dem alle Design-Absolventen der FH eingeladen sind, um sich auszutauschen und die Arbeiten der gegenwärtig rund 600 Design-Studierenden zu betrachten. Was das Designstudium in Potsdam ausmache, sei die Interdisziplinarität zwischen den verschiedenen Bereichen des Designs. „Interface-Design bildet dabei die Brücke in die Technik“, so Grahn. „Das bietet nur Potsdam.“

In dem Werkstattgebäude der FH wurde gestern vor Ausstellungsbeginn überall noch eifrig gearbeitet. Am Vortag erst fertig geworden ist ein Stuhl, der sich aus vielen beweglichen Einzelteilen bestehend beim Hineinsetzen an den Körper anschmiegt. „Ein kleines Wunder, dass es funktioniert“, so der Dozent Martin Rissler. Eine solche Arbeit ist erst durch die neue CNC-Digitalfräse der FH möglich geworden, das Hightech-Werkzeug füllt einen ganzen Raum.

Einige Räume weiter steht ein großer dunkler Tisch mit Glasoberfläche. Dazu gehören Karten, die bestimmte Themen aufzeigen. Legt man eine der Karten auf den Wundertisch, erscheinen um sie herum Bilder und Verästelungen, zusätzliche Informationen, alles in Bewegung, miteinander vernetzt und durch Verschieben der Karte anwählbar. „Maeve“ heißt das interaktive Wunderwerk, das auf der 11. internationalen Architektur-Biennale in Venedig stand. „Es gab keine Schwellenangst , die Besucher haben den Tisch sofort genutzt“, berichtet Dozent Boris Müller von dem Erfolg in Venedig. „Maeve“ biete eine hohe ästhetische Ausgestaltung in Verbindung mit hochwertigen Inhalten. Das ist eben nicht nur „Eye-Candy“, sagt er.

Ausstellung: heute 10-20 Uhr, morgen 10-16 Uhr an der FH Potsdam, Haus 5, Labor- und Zentralgebäude, Pappelallee 8-9. Heute von 9.30-17 Uhr Alumni-Tag für Potsdamer Design-Absolventen.

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