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Landeshauptstadt: Nicht nur Hochglanz

Ab 2008 soll Potsdam einen Stadtfilmmacher bekommen: Mit eigener Wohnung, Stipendium und Produktionsmitteln. Die Idee dazu hatte HFF-Rektor Wiedemann

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Das klang doch irgendwie bekannt: Ein Stadtfilmmacher für Potsdam, mit eigener Wohnung, einem Stipendium und dem vagen Auftrag, die Stadt einzufangen mit der Kamera. Als der Verein proWissen, Koordinator der Potsdamer Bewerbung zur Stadt der Wissenschaft 2008, im Februar mit dem Projekt an die Öffentlichkeit ging, gab das in Potsdam auch Anlass zu ungemütlichen Erinnerungen: Schließlich ist es nicht einmal drei Jahre her, dass sich die Landeshauptstadt mit dem „Stadtschreiber“-Projekt bundesweit blamiert hat. Schriftsteller Andreas Maier und sein gescheitertes Literatur-Stipendium hatten es Ende 2004 sogar ins überregionale Feuilleton geschafft.

Dass sich die Geschichte nun wiederholen könnte, kann sich Dieter Wiedemann allerdings nicht vorstellen: „Da habe ich die Sorge nicht“, sagt der Rektor der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) im Gespräch mit den PNN. Die Stadtfilmer-Idee kam ursprünglich von ihm. „Filmemacher sind immer mehr auf ein Team orientiert als es Literaten sind“, glaubt Wiedemann. Und in der „Medienatmosphäre“ der HFF in der Babelsberger Marlene-Dietrich-Allee werde der Stipendiat sich wohl fühlen, da sich Wiedemann sicher.

Der Stadtfilmer, so die Vision des HFF-Rektors, soll zu einer Figur werden, die präsent ist im Stadtbild Potsdams: „Die Leute müssen sich an ihn gewöhnen.“ Sein Büro soll der Titelträger in der HFF haben. Wiedemann kann sich für den Filmer sogar eine „halbe Gastprofessur“ vorstellen – oder den „Fellow-Status“, wie er projektgebunden an ausländische Film-Absolventen vergeben wird. Das komme auf den Bewerber an.

„Schmutzige Bilder, nicht nur Hochglanz“, wünscht er sich in jeden Fall vom Titelträger. „Es soll was bewegen in Potsdam“, beschreibt er seinen Anspruch an den Stadtfilmer. Seine „Einblicke“ sollen regelmäßig präsentiert werden: Potsdam TV oder den RBB, aber auch das Internet zieht Wiedemann dafür in Betracht: „Dann machen wir YouTube aus Potsdam“, sagt er in Anspielung auf das beliebte Video-Internetportal.

Von Januar bis September 2008 soll der Filmmacher in Potsdam wohnen. Die Wohnung stellt die Stadt zur Verfügung, erklärt Simone Leinkauf vom Verein proWissen. Ob Platte oder sanierter Altbau, das sei bisher noch nicht entschieden. Auch über die Größe der Wohnung wird noch zu reden sein – mit dem Filmemacher. Das monatliche Stipendium in Höhe von 1500 Euro sponsert der schwedische Stromkonzern „Vattenfall“. Ein Finanzierungsloch gibt es jedoch noch beim Preisgeld. 25 000 bis 30 000 Euro wünscht sich Wiedemann dafür. Mit dem Geld soll die Filmproduktion finanziert werden. Ob dafür ein Sponsor gefunden wird, hänge auch davon ab, wie die Präsentation in Braunschweig läuft, sagt Wiedemann: „Wir müssen abwarten, was in Braunschweig passiert.“

Wenn alles gut geht, wird der Titel dann im Sommer international ausgeschrieben. Teilnahmevoraussetzung, so Wiedemann, ist die Einreichung eines Konzeptes. Die Bewerber seien in ihrer Themenwahl „relativ frei“. Eine Spielfilm-Idee sähe Wiedemann aber ungern.

Auch wenn er die HFF-Absolventen zur Bewerbung ermuntert, sein Wunschkandidat kommt aus dem Ausland: „Ich wünsche mir den fremden Blick, den naiven, vielleicht auch den ironischen.“ Denn der würde dem zu „Selbstgenügsamkeit“ neigenden Potsdam bisher fehlen.

Wer das Stipendium letztendlich bekommt, darüber soll jedoch eine Jury, bestehend aus Vertretern der Stadt, der HFF und der Medien, entscheiden. Als möglicher Termin für die Preisvergabe ist der Babelsberger Medienpreis Ende des Jahres im Gespräch. Zum Schluss der Blick in die Zukunft: Wird der Stadtfilmer zu einer festen Institution in der Landeshauptstadt? „Ich hoffe“, sagt Wiedemann. „Denn dieser Medienstandort muss sich auch mediengerecht präsentieren.“ Simone Leinkauf klingt noch zuversichtlicher: „Das ist der Beginn eines Stadtfilmprojekts, das jährlichen Bestand haben wird.“ Jana Haase

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