Landeshauptstadt: Nicht ohne Ball
Der 19-jährige Tobias Francisco spielt in der zweiten Mannschaft des SV Babelsberg 03 – und hat viel vor
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„Mit links!“, ruft Trainer Thomas Leek seinen Spielern zu. Zwanzig junge Männer beginnen, sich jeweils in Zweiergruppen mit dem linken Fuß den Ball gegenseitig zuzuspielen. Am Rand des Sportplatzes „Sandscholle“ an der Franz-Mehring-Straße klingt es wie ein ledernes Trommelgewitter, weil immer zehn Füße gleichzeitig den Ball treffen. Unter den Sportlern fällt Tobias Francisco auf: Er wirkt schmaler als viele seiner Teamkollegen, er tänzelt oft spielerisch, wenn er gegen den Ball tritt – und seine Hautfarbe ist dunkler als die seiner Mitspieler. Redet man mit ihm, ist man geneigt zu sagen: Francisco ist auch ehrgeiziger. Er sagt: „Mein Traum ist es, irgendwann einmal in einer Profimannschaft zu spielen.“
Zur Zeit kickt und trainiert der 19-Jährige bei der zweiten Mannschaft des SV Babelsberg 03. Das bedeutet jeden Tag rund 90 Minuten Training, jeden Tag pendeln, ab kommendem Wochenende regelmäßige Punktspiele. Es ist Franciscos erstes Jahr in der Männermannschaft, vorher war er in der A- und B-Jugend zu Hause.Seine Lieblingsposition: Stürmer, notfalls auch Mittelfeld. „Ich habe mir mindestens zehn Tore vorgenommen, wie in jeder Saison“, sagt der 19-Jährige.
Geboren ist er in Ludwigsfelde, dort lebt er noch heute. Dennoch hat er zwei Pässe, weil sein Vater aus Angola stammt. Dadurch hat er schon Erfahrungen sammeln können, von denen andere Spieler in seinem Alter noch träumen: 90 Minuten vor mehr als zehntausend Zuschauern – weil er inzwischen Mitglied in der U20-Nationalmannschaft Angolas ist. Journalisten aus seiner Heimat hätten ihn entdeckt. „Dass ich bei meinem ersten Spiel gleich vor soviel Publikum auflaufen konnte, das war schon was.“ Die Fankultur in afrikanischen Ländern sei ganz anders: Dort würde laut gesungen und getrommelt, ausgelassener gefeiert als in Deutschland. „Nur beim Singen der Nationalhymne war ich etwas unsicher“, erinnert sich Tobias und grinst. Doch hat ihm seine doppelte Staatsbürgerschaft nicht nur solche schönen Momente beschert. Denn Tobias Francisco hat oft auch Rassismus im Fußball zu spüren bekommen. „Seit ich spiele, höre ich wegen meiner Hautfarbe immer wieder doofe Sprüche.“ Gerade bei Auswärtsspielen, oft als Beleidigung aus dem Zuschauerblock gebrüllt, meisten bei Spielen in Ostdeutschland, etwa in Sachsen bei Dynamo Dresden. „Früher hat mich so etwas ganz schön aufgeregt, ich war traurig und musste mit meinem Vater darüber reden – heute allerdings interessiert mich das nicht mehr.“ Im Gegenteil, „blöde“ Sprüchen würde seine Motivation noch anfeuern: „Ich will dann als Antwort erst recht ein Tor schießen.“
Das Runde ins Eckige zu bringen, das ist für Tobias sowieso „das Größte“, das Gefühl, ein Spiel zu entscheiden, mit seiner Mannschaft zu feiern. Schon deshalb will er Profi werden. Für den Fall, dass dies nicht klappen sollte, beginnt er nun mit einer Ausbildung als Fachkraft für Sicherheit, also als Security. Doch ob er den Beruf je ausüben wird? Tobias Francisco glaubt an sein Talent, an seine Fähigkeiten, taktische Anweisungen zu begreifen, an seinen Ehrgeiz. „Die eigenen Träume sind immer riesig: Für mich wäre der FC Barcelona so ein Traum.“
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