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Homepage: Nicht ohne Zukunftsperspektiven

Praxisbericht eines Sozialplaners in der „Civitas“-Reihe zum Leerstand

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Praxisbericht eines Sozialplaners in der „Civitas“-Reihe zum Leerstand Leere Plattenbauten, ganze Straßenzüge verwaist: In vielen ostdeutschen Städten gehört dies zum alltäglichen Anblick. In einem Vortrag im Rahmen der „Civitas“-Vorlesungsreihe hat Hathumar Droste von der Gesellschaft für Kommunalberatung, Planung und Standortentwicklung in Potsdam am Montag einen Praxisbericht über die Situation in Brandenburg vorgestellt. Freudentaumel, Enttäuschung, Bedeutungsverlust, Bewusstseinswandel, Selbstbewusstsein. Klingt wie ein Erkenntnisprozess? Ist es auch. Droste beschrieb in seinem Vortrag die Entwicklung die Entwicklung vom anfänglichen Freudentaumel der Nachwendezeit bis zur ernüchternden Einsicht, dass Wohlstand auf absehbare Zeit nicht eintreten wird und es nur darum gehen kann, den Mangel gut zu verwalten. Aus der Praxis, da kommt Droste her. Als „teilnehmender Beobachter“, wie er es selbst beschreibt, war er beteiligt an verschiedenen Projekten im Land Brandenburg. Ein Beispiel ist der Flughafen Schönefeld. Wegen des Neubaus der Start- und Landebahn sollten 60 Wohneigentümer umgesiedelt werden. Um deren Interessen in Einklang mit den Interessen der Bauherren zu bringen, wurde der Sozialplaner und Städtebauer Droste engagiert. Er kümmerte sich intensiv um die Betroffenen, baute mit ihnen Modelle ihrer neuen Häuser und begleitete sie im Umsiedlungsprozesse. „In der Rolle des Koordinators mussten wir die vielen Einzelinteressen miteinander vereinen“, sagt er. Aus dieser Perspektive erlebte er den tiefgreifenden Wandel, den der Osten nach der Wende durchlebte. Bis Mitte der neunziger Jahre sei man in einem Freudentaumel gewesen: Investoren fanden sich zahlreich. Es hielt sich der Konsens, dass nach fünf, sechs Jahren schon wieder ein Boom einsetze. Doch es kam anders. „Es war viel geplant und viel gebaut worden, aber die Käufer blieben aus“, sagt Droste. Die Zahlen wurden immer alarmierender, aber lange wollte niemand von der Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufstieg ablassen. Langsam setzte Enttäuschung ein. Die Investoren zögerten oder blieben gleich ganz aus, mehr und mehr Menschen wanderten ab. „Das Begreifen setzte sehr langsam ein.“ Nun ging es nicht mehr um Investitionen, sondern darum, die Abwanderung zu stoppen. An Abriss von Wohnanlagen wollte noch keiner denken. Erst im Jahre 2002, so Hathumar Droste, wurde man sich der Situation gewahr. Es begann die massenhafte Vernichtung von Wohnraum, nachdem das Ausmaß des Leerstandes offensichtlich geworden war. „Skepsis und Zweifel haben sich lange nicht in Handeln umgesetzt.“ Meist gingen Initiativen nur von kleinen Gruppen, Künstlern, Jungarchitekten, Bürgern, aus. Der Bewusstseinswandel dauert bis heute an. Die Situation ist jedoch nicht ohne Zukunftsperspektiven. Drei Denkansätze stellte Sozialplaner Droste nun an der Potsdamer Fachhochschule als Lösungsmöglichkeiten der Probleme vor: Es soll an die Heimatgefühle der abgewanderten Menschen appelliert werden, um sie zurück in ihre Heimat zu locken. Diskussionen um Transferzahlungen sollen eingestellt werden. Die seien „so sinnlos wie Diskussionen über den Abwasch in Wohngemeinschaften“, so Droste. Und der Osten soll sich seiner Qualitäten bewusst werden. Jan-Oliver Schütz Den nächsten Civitas-Vortrag in diesem Semester hält Prof. Dr. Jelena Jamaikina zum Thema „Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies: Landschaft und Kunst“ am Montag, dem 29. November, um 18 Uhr im „Schaufenster“ der FH Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 6.

Jan-Oliver Schütz

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