Landeshauptstadt: Nichtzuständigkeitsfalle
Offensive für Schulbibliotheken in Potsdam
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Professionell geführte Schulbibliotheken verbessern die Leistungen der Schüler. Davon ist Günter Schlamp überzeugt. Der Neupotsdamer, der Leiter einer Gesamtschule und Fachberater für Schulbibliotheken im hessischen Bildungsministerium gewesen ist, will jetzt Potsdamer Schulen bei der Einrichtung von Bibliotheken beraten. Das kündigte er gestern an, als er eine Buchspende von 30 Büchern zum Thema Judentum an die Stadt- und Landesbibliothek überreichte.
Bisher gebe es mit der Bibliothek der Goethe-Schule in Babelsberg nur eine professionell geführte Schulbibliothek in der Landeshauptstadt, sagte Marion Mattekat, Leiterin der Stadt- und Landesbibliothek. Zwar gebe es weitere Schulbibliotheken, die von Eltern und Lehrern zum Teil ehrenamtlich und mit Spendengeldern organisiert würden, räumte sie ein: Nachfragen, zum Beispiel nach „ausgesonderten Büchern“, kämen „ab und an“ vor. „Aber das ist nicht der Sinn einer Schulbibliothek“, betonte Mattekat. Damit Schulbibliotheken den „schnellen Bedarf im Unterricht“ decken können, müssten sie neue Medien vorhalten und kontinuierlich gepflegt werden.
Bei der Organisation und Finanzierung solcher Vorhaben sehe es allerdings schlecht aus: „Schulbibliotheken werden in Deutschland vernachlässigt“, sagt Günter Schlamp. Der Grund: Bibliothekswesen und Schulwesen liegen nicht in einer Hand. Auch Mattekat spricht von einer „Nichtzuständigkeitsfalle“. Dabei fordere der Deutsche Bibliothekenverband seit Jahren eine „zentrale Entwicklungseinrichtung“, so Mattekat.
Die Lücke will Schlamp in Potsdam jetzt ehrenamtlich schließen: Der langjährige Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Schulbibliotheken in Hessen e.V. will Potsdamer Schulen bei der Leseförderung beraten, aber auch Vorschläge zur Zusammenarbeit mit der Stadt- und Landesbibliothek machen. „Wir müssen eine Bibliothek von unten machen“, sagt der 61-Jährige. Wenn Initiativen von Lehrern, Eltern und Schülern unterstützt werden, könnte ein Bedarf entstehen und später politisch gehört werden, so seine Hoffnung. In Main-Taunus-Kreis, wo er vor seiner Pensionierung tätig war, sei eine solche „Graswurzelbewegung“ jedenfalls erfolgreich: Heute gebe es dort in allen Schulen Bibliotheken.
Mattekat sieht in Schulbibliotheken keine Konkurrenz zur Stadtbibliothek. Im Gegenteil: Wenn die Nutzung der Bibliothek täglich im Unterricht geübt wird, werde auch der Gang in die Stadtbibliothek selbstverständlicher. Im Jahr 2007 seien bis Oktober 3700 Jugendliche auf 132 Führungen in die Bibliothek gekommen. Die Angebote für Schulen – wie zum Beispiel die Ausleihe einer themenbezogenen „Bücherkiste“ – könnten allerdings besser genutzt werden, sagte Mattekat. „Visionär betrachtet müssen auch an Bibliotheken Pädagogen arbeiten“, so die Bibliotheksleiterin. Eine pädagogische Aufarbeitung der Bücher könne mit dem derzeitigen Personalstamm nicht geleistet werden. Jana Haase
Kontakt zu Günter Schlamp über die Stadt- und Landesbibliothek per Mail an: slb@bibliothek.potsdam.de
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