Landeshauptstadt: Nil-Enten an der Havel
Was es im Laden von Ahmed Salama gibt, ist handverlesen. Der Ägypter kauft alles selbst in seinem Heimatland ein – Deko, Schmuck oder Textilien für ein besonderes Ambiente
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Gibt es eine besondere Farbe in der ägyptischen Mythologie, im Handwerk, im Alltag? Ahmed Salama überlegt. Die kräftigen Grundfarben, die sich in der Vielfalt seiner Produkte finden, haben alle eine Bedeutung, sagt er. Das dunkle Weinrot steht für Wärme und Liebe, es ist auch die Farbe der Pharaonentöchter. Das tiefe Blau erinnerte an den Nil, der Leben und Fruchtbarkeit brachte. Rot und Blau sind zum Beispiel Ledertaschen, allesamt Unikate, die es nur bei Salama gibt. Er ist der einzige Abnehmer dieser kleinen Manufaktur in seinem Heimatland.
Bei Samah Arts in der Dortustraße gibt es das komplette Programm an traditionellem ägyptischen Handwerk. Altbacken ist hier jedoch gar nichts. Die Produkte, hergestellt in Handarbeit in kleineren ägyptischen Familienbetrieben, passen sehr gut in die Moderne. Die elektrischen Lampen aus versilbertem Messing, in welches Hunderte stecknadelgroßer Löcher gestanzt wurden, dürften wunderbare Lichtspiele in jeden Wohnraum zaubern. Accessoires, Ledergürtel und Teppiche sind kein Nippes, sondern einzigartige Gebrauchsgegenstände. Handverlesen. Ahmed Salama fährt zwei- bis dreimal im Jahr nach Ägypten, besucht seine Familie und die Werkstätten. Er kauft gern direkt vor Ort ein, schaut, was es in welcher Farbe oder Ausführung gibt. Und spart sich die teuren Zwischenhändler, sagt er stolz. Deshalb kann er selbst die Qualität überprüfen – und auf die Preise achten. Für etwa 50 Euro bekommt man einen leichten Kaschmirschal – Dutzende Muster hat er vorrätig. Paisley für Damen, zurückhaltendes grafisches Design für die Herren. „Da bekommen Sie sogar zwei in einem“, sagt Salama lächelnd und dreht den Schal um. Der handgewebte kühle, zarte Stoff erscheint dort in neuem farbigen Kontrast. Wenn man wissen will, ob etwas von Hand oder maschinell hergestellt wurde, muss man auf das Muster schauen, sagt er. Geometrisch muss es sein.
Der Ägypter kam vor sechs Jahren nach Deutschland, er und seine Frau haben drei Kinder. Der Anfang hier war schwer, sagt er. In Ägypten hatte er Hotelfachmann gelernt, aber in Deutschland in der Gastronomie zu arbeiten, das klappte aufgrund der Sprache nicht. Die Leute nehmen einen nicht ernst, sagt er, wenn man nicht perfekt Deutsch spricht. Vor zwei Jahren machte er sich dann selbstständig. Besucher hatten immer wieder von der Einrichtung seiner Wohnung geschwärmt. Und Salama dachte sich: Wenn das denen so gut gefällt, dann bestimmt noch viel mehr Leuten.
Vor allem Frauen beginnen, in dem gut und geschmackvoll sortierten kleinen Laden zu stöbern. Am Freitagabend sucht eine Dame drei Bettvorleger für ihre Schwiegereltern. Die bunten aus Ziegen- und Schafwolle, die schwer in der Hand liegen, gefärbt mit reiner Naturfarbe, würden sehr gut auf dem Holzfußboden aussehen, findet sie. Leider sind es alles Unikate, nicht einmal zwei gleiche darunter. Sie werde ihren Schwiegervater selbst herschicken, sagt sie. So ist es oft, sagt Salama. Die Kunden schauen erst, man kommt ins Gespräch. Und dann kommen viele wieder. „Sie müssen spüren, dass man sich um sie kümmert“, sagt der Geschäftsmann, während er die Teppiche sortiert.
Dann zeigt er Wandteppiche, filigrane, sauber gearbeitete Patchworkdecken, die ihm sehr am Herzen liegen. Im Laden gibt es ein paar Fotos, auf denen zu sehen ist, wie sie hergestellt werden. Reine Männerarbeit sei das in Ägypten, sagt er. Von Hand und mit viel Geduld entstehen solche Kunstwerke, oft mit uralten Mustern oder Motiven, wie sie auf Bildern, Tapeten oder Textilien in ägyptischen Museen zu finden sind. Den Lebensbaum mit bunten Vögeln gibt es noch einmal im Luxor, die Nil-Enten neben der Lotusblüte im Ägyptischen Museum in Kairo.
„Ägyptischen Handwerkern geht es momentan nicht gut“, sagt Ahmed Salama. Weniger Touristen kommen ins Land und die Einheimischen kaufen lieber Importware aus China, weil sie moderner leben wollen. Er will helfen, indem er nach Deutschland holt, was in Ägypten unter fairen Bedingungen produziert wurde. Er achtet darauf, dass eine Art Mindestlohn gezahlt wird, dass die Angestellten regelmäßige Arbeitszeiten haben und krankenversichert sind.
Jetzt bringt er hier die Waren an die Touristen. Silberschmuck und duftende Seife aus nur einer Handvoll natürlicher Inhaltsstoffe, mit Sheabutter und Salz aus dem Toten Meer. In kleinen braunen Glasfläschchen reines Sesam- und Kokosnussöl. Schon die exotische Beschriftung der Originaletiketten macht neugierig. „Das ist gut für die Haut“, sagt Salama.
Außerdem gibt es Lederwaren, Taschen und Gürtel, die Schnallen sind kunstvoll geschmiedete Fische und Vögel. Es gibt Kissen und Decken, Tücher, Bettüberwürfe in großen Größen. Daneben Taschen und Beutel aus gewebtem Stoff, Schmink- und Schmucktäschchen. Aus Olivenholz gibt es Geschirr und geschnitztes Besteck wie beispielsweise Servierlöffel mit den typischen Vogelmotiven am Griff.
In seiner Heimat, sagt er, vermischen sich verschiedene Kulturkreise, des antiken Ägypten, der Christen und Osmanen. Das zeigt sich in der Ornamentik. Neben Motiven der Pharaonen finden sich Formen wie die der spitz zulaufenden Kugellampen – wie eine osmanische Kopfbedeckung. Und auch die sommerlich bunten Haremshosen aus kühler Baumwolle erinnern an den Orient. Bei ihm gibt es sie sogar in Kindergröße. Reinschlüpfen und fertig.
Dortustraße 62, Tel. 0176 / 81021 647
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