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Objekt der Begierde. Zwölf Vereinsnamen stehen bisher auf der Meisterschale der Frauen, die der DFB seit 1974 verleiht. Turbine will sich nun zum fünften Mal verewigen.

© M. Thomas

Von Michael Meyer: Noch 90 Minuten bis zum Titel-Hattrick

Turbine Potsdam will am Sonntag daheim erneut Deutscher Frauenfußball-Meister werden

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Inka Wesely steht vor ihrem ersten großen Erfolg als Fußballerin. Am Sonntag kann die Abwehrspielerin mit Turbine Potsdam Deutscher Frauenfußball-Meister werden. „Das wäre natürlich eine tolle Sache“, sagt die 19-Jährige, „zumal uns das gegen meinen alten Verein gelingen kann.“ Potsdam empfängt zum Bundesliga-Ausklang die SG Essen-Schönebeck, von der Wesely gemeinsam mit Daniela Löwenberg im vergangenen Sommer an die Havel kam, und kann den Titel aus eigener Kraft zum dritten Mal in Folge gewinnen. Turbine führt in der Tabelle mit einem Punkt Vorsprung vor dem FFC Frankfurt, ist mit einem Sieg erneuter Meister und wäre dies sogar bei einer Niederlage, wenn Frankfurt zeitgleich daheim gegen gegen den FC Bayern München verlöre.

An ein solches Szenario denken die Potsdamerinnen aber natürlich überhaupt nicht – sie wollen mit einem Heimerfolg ganz sicher gehen. „Natürlich wollen wir jetzt mit einem Sieg den Sack zubinden“, bekräftigt Inka Wesely, die mit einigen einstigen Mannschaftskolleginnen wie SG-Kapitän Melanie Hoffmann und Torfrau Jil Strüngmann noch im regelmäßigen Kontakt steht. „Es wird allerdings noch einmal eine sehr schwere Aufgabe für uns, denn Essen wird uns nichts schenken.“

Davon geht auch Bernd Schröder aus. „Die Tür zum insgesamt fünften Meistertitel ist erst einen kleinen Spalt auf“, warnt Turbines Cheftrainer vor voreiligem Jubel. „Mit dem erneuten Titelgewinn würde uns ein echter Hattrick gelingen, und das würde unseren Verein im 40. Jahr seines Bestehens auch ein bisschen adeln.“ Erst drei Vereine schafften diesen Hattrick: die SSG 09 Bergisch Gladbach, der TSV Siegen und der 1. FFC Frankfurt. Auf der Meisterschale des Deutschen Fußball- Bundes, auf der alle seit 1974 ermittelten Titelträger eingraviert sind, steht erst ein Dutzend Vereinsnamen; am häufigsten Bergisch Gladbach (9 Titel) vor FFC Frankfurt (7) und Siegen (5). Zu Letzterem könnten nun die Potsdamerinnen aufschließen, die außerdem sechs DDR-Bestentitel in ihren Annalen zu stehen haben.

„Der Erwartungsdruck auf die Mannschaft ist groß, ich spüre diese Last im täglichen Training“, erklärt Bernd Schröder, der am Sonntag noch einmal einen schweren Gang für seine Mannschaft erwartet, obwohl Turbine das Hinspiel im Sportpark am Hallo – unter anderem durch ein Wesely-Tor – mit 4:1 gewann und sich im DFB-Pokal- Viertelfinale gegen Essen daheim mit 1:0 durchsetzte. „Da sind wir auch mit viel Glück weitergekommen“, meint Schröder, der nun wieder mit Yuki Nagasato – mit Japan Dritte des Algarve-Cups – und Natasha Andonova – in der EM-Vorrunde daheim für den Gruppensieger Mazedonien dreifache Torschützin gegen Litauen und Luxemburg (2) – planen kann. Offen war dagegen am Donnerstag noch, ob Abwehrchefin Babett Peter bis Sonntag wieder richtig fit wird; sie war die Woche über krank und nahm gestern erstmals wieder am Training teil. Verzichten muss Potsdam weiter auf die Langzeitverletzten Nadine Keßler und Jessica Wich.

Weiter fit ist Bianca Schmidt, die auf Potsdams rechter Seite mal hinten, mal im Mittelfeld spielt und dabei dank ihrer Vergangenheit als Stürmerin auch torgefährlich ist. Sie traf im Mai 2010 zum 1:0-Heimsieg über den SC 07 Bad Neuenahr, mit dem Turbine vorzeitig Meister wurde, und sorgte am 30. Januar mit ihrem Tor gegen Essen auch für Potsdams Weiterkommen im DFB-Pokal. „Stimmt, Essen lag mir zuletzt“, meint die 21-Jährige, „Es wird am Sonntag aber nochmal eine harte Aufgabe. Die Anspannung steigt schon, aber auch die Vorfreude.“ Der Erwartungsdruck auf die Spielerinnen sei sehr groß, bestätigt die Sportsoldatin. „Wir haben diesen Druck aber schon seit den letzten vier Spielen. Und ich denke, wir werden damit auch jetzt umgehen können. Das wird am Sonntag zu achtzig Prozent eine Kopfsache werden.“

Bianca Schmidt und ihr Turbine-Team hoffen, am Sonntag vor möglichst großer Kulisse zu spielen, zumal dann für die Mittagszeit Sonnenschein und plus 15 Grad vorhergesagt sind. Zu den Ehrengästen, die avisiert sind, gehört auch Bundespräsident Christian Wulff. „Viele Menschen werden mit uns feiern wollen, aber bis dahin liegen noch 90 schwere Minuten vor uns“, so die Kickerin. Der DFB rüstet sich vorsorglich für zwei Meisterehrungen, bringt die originale Mei- sterschale mit ins Karl- Liebknecht-Stadion und lässt eine Nachbildung in Frankfurt/Main. Für die eventuelle Ehrung in Babelsberg reisen die Spielleiterin der Frauen-Bundesliga und Vorsitzende des DFB-Ausschusses für Frauenfußball, Margit Stoppa, der DFB-Vizepräsident und Vorsitzende des Nordostdeutschen Fußballverbandes, Rainer Milkoreit, sowie DFB-Trainerin Ulrike Ballweg an.

AC MAILAND]Könnte Turbine-Kapitän Jennifer Zietz am Sonntagnachmittag tatsächlich zum dritten Mal in Folge die begehrte Trophäe in den Potsdamer Himmel stemmen, würde die anschließende Meisterparty vergleichsweise klein ausfallen. „Wir haben nicht viel Zeit zum Feiern“, erklärt Trainer Schröder. Er wird bereits am kommenden Dienstag mit seiner Mannschaft nach Paris fliegen und am Mittwoch um 19 Uhr beim französischen Vizemeister FCF Juvisy Essonne das Champions-League-Viertelfinal-Hinspiel bestreiten.

Inka Wesely hat im Fall des dritten Sieges über ihren Ex-Verein noch weniger Zeit zum Feiern. Die Studentin der Europäischen Sportakademie Potsdam schreibt am Montag zwei Prüfungen.

Anpfiff ist am Sonntag um 14 Uhr.

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