Landeshauptstadt: Noch immer Berührungsängste
Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule vor dem Aus
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Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule vor dem Aus „Es wäre fatal für die Gesellschaft, wenn die Arbeit der Landeskoordinierungsstelle für Lesbisch-Schwule Angelegenheiten nicht fortgesetzt werden kann,“ sagte Andrea Wicklein (SPD) gestern bei ihrem Besuch der Koordinierungsstelle in der Lindenstraße. Denn jeder Zehnte sei schließlich lesbisch oder schwul. Die Fördermittel für das kommende Jahr sollen nach dem Willen der SPD-CDU-Regierung restlos gestrichen werden. Damit könne die beratende und helfende Aufklärungsarbeit der Landesstelle nicht mehr weitergeführt werden, berichtet die Leiterin Gabriele Kerntopf. „Schon die Kürzung der Mittel in diesem Jahr auf 60 000 Euro bedeutete für einige Projekte, wie der Schwul-Lesbischen-Tour durch Städte und Dörfer Brandenburgs, das Aus. Sonstige Sponsoren für die kontinuierliche Arbeit gibt es kaum.“ Deshalb verfasste Frau Wicklein vergangene Woche ein noch unbeantwortetes Schreiben an den Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Es spräche nicht für die SPD, wenn sie auf Drängen des Koalitionspartners CDU gegen die Verfassung des Landes Brandenburg handele. Denn diese verbiete eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, sagte Kerntopf. „Auch muss das öffentliche Bewusstsein für den Bedarf einer solchen Landesstelle gestärkt werden,“ sind sich Wicklein, Kerntopf und der homosexuelle Stadtverordnetenkandidat Jirka Witschak (SPD) einig. „In den vergangenen Jahren sind aus der Saat unserer Arbeit kleine Pflänzchen entstanden, die jetzt weiter gegossen werden müssen,“ so Frau Kerntopf. Wer würde denn im kommenden Jahr die Zuarbeit für das Land und die Kommunen leisten, wenn es um homosexuelle Fragen geht? Wer würde diskriminierte Einzelpersonen an Hilfsgruppen weitervermitteln? Wer würde für Aufklärung und den Abbau von Vorurteilen an Schulen und Jugendeinrichtungen einstehen? Wer würde Fortbildungsseminare für Multiplikatoren, die sich gegenüber Verwaltungen, Institutionen und Ministerien für Homosexuelle einsetzen, übernehmen? „Die Folgekosten wären gewaltig.“ Kerntopf sagte: „Potsdam gibt sich tolerant und aufgeklärt, aber auch hier, wie in den Dörfern, in denen die Diskriminierung noch ausgeprägter ist, gibt es Personen und Gruppen, die Berührungsängste haben.“ Natürlich könnten Homosexuelle in die schwul-lesbische Metropole Berlin abwandern, aber gerade dies zu verhindern habe Ministerpräsident Platzeck noch im August gegenüber des Magazins „Siegessäule“ als Aufgabe der Politik bezeichnet. Kerntopf: „Vier Wochen später erfahren wir, dass die Fördermittel für 2004 gestrichen sind.“ P. Steller
P. Steller
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