
© Andreas Klaer
Potsdam: Noch immer mittendrin
Lehrerin Herta Engler feiert ihren 100. Geburtstag. Bis heute pflegt sie Kontakt zu ihren früheren Schülern.
Stand:
Potsdam - Auch nach 100 Jahren noch mittendrin: Herta Engler schwingt ihren imaginären Taktstock für die Kinder aus der Kita der Erlöserkirchgemeinde, die ihr ein Ständchen zum Geburtstag singen. Das kleine Konzert ist für sie einer der Höhepunkte am gestrigen Donnerstag, das sieht man ihr an.
Eigentlich wollte die Hundertjährige ihren Geburtstag gar nicht feiern, sagt Gertrud Bodach, Haus- und Pflegedienstleiterin des Evangelischen Seniorenzentrums Hasenheyer-Stift. Eierlikör und eine Torte gibt es trotzdem. Der Fachbereichsleiter Soziales der Stadt, Frank Thomann, bringt Blumen mit. Alles kleine Aufmerksamkeiten für Engler, die im Epochenjahr 1917 geboren wurde. Damals tobte der Erste Weltkrieg, an Englers Geburtstag am 6. April erklärten die USA Deutschland den Krieg. In Russland war gerade die Zarenfamilie Romanow gestürzt worden, später folgte die Oktoberrevolution. Engler kam im gleichen Jahr zur Welt wie der spätere US-Präsident John F. Kennedy, Jazz-Sängerin Ella Fitzgerald und Schauspieler Dean Martin. Sie gehört in Potsdam zu den 31 Männern und Frauen, die inzwischen hundert Jahre oder älter sind.
Geboren wurde sie in Rathenow
Geboren wurde sie als Herta Räber in Rathenow, wo sie gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem sechs Jahre jüngeren Bruder lebte. In ihren Kindertagen verbrachte sie viel Zeit auf einem großen Bauhofsgelände an der Havel in Rathenow, wohl auch, weil ihr Vater als Oberbauhofsvorsteher arbeitete. Als Jugendliche besuchte sie das Lyzeum und die Haushaltsschule und begann danach als Sekretärin bei den Arado-Flugzeugwerken in Potsdam zu arbeiten.
Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann Johannes Engler kennen, der als Ingenieur arbeitete. Gemeinsam lebten sie in Babelsberg. 1941 und 42 kamen ihre Söhne Wolfgang und Siegbert zur Welt. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges starb ihr Ehemann. „Krieg ist das Dümmste, was es gibt“, sagt Engler heute. Nach 1945 begann sie ein Studium als Lehrerin für Deutsch und Geschichte und ein Sonderstudium an der Humboldt-Universität in Berlin. „Das war die schönste Zeit meines Lebens“, sagt sie im Rückblick.
Lange arbeitete sie an der Schwerhörigenschule in Potsdam und ging in den 1970er-Jahren in den vorzeitigen Ruhestand. Seit drei Jahren lebt sie im Hasenheyer-Stift. Noch heute melden sich ehemalige Schüler bei ihr. Eine gute Ausbildung sei das Wichtigste für junge Menschen, sagt Engler. Dass die ihr auch mit 100 Jahren noch am Herzen liegen, merkt man an dem begeisterten Applaus, den sie den singenden Kindergartenkindern der Erlöserkirchgemeinde spendet.
- Erster Weltkrieg
- Hochschulen
- Jugend
- Lehrer
- Russland
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- USA
- Zweiter Weltkrieg und Kriegsende
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: