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Landeshauptstadt: Noch keine Sterbepflege

Neuruppin kann es schon jetzt, Potsdam erst 2010: Die Zu-Hause-Versorgung todkranker Patienten

Stand:

Potsdam hinkt bei der medizinischen Versorgung sterbenskranker Patienten in ihren eigenen vier Wänden anderen Landesteilen hinterher. Eine gesetzlich vorgeschriebene „spezialisierte ambulanten Palliativversorgung“ (SAPV) ist nach Angaben der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Berlin-Brandenburg bereits in 60 Prozent des Landes Brandenburg möglich – nicht jedoch in der Landeshauptstadt Potsdam und in Potsdam-Mittelmark. Kritik an dieser Situation übt der Babelsberger Arzt Dr. Knud Gastmeier. Obwohl er in Zusammenarbeit mit ambulanten Pflegeeinrichtungen sterbende Patienten in ihren eigenen vier Wänden betreue, versage ihm die AOK die Abrechnung nach SAPV. Seine Patienten werden „ausgegrenzt“, so Gastmeier. Ohne seinen Einsatz müssten diese Patienten im Krankenhaus oder in einem Hospiz behandelt werden, was sowohl sehr viel teurer als auch nicht in deren Sinne sei.

Das Recht auf eine SAPV wurde im April 2007 im Sozialgesetzbuch V, Paragraf 37 b fixiert. Anspruch haben Versicherte mit „einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer gleichzeitig begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwendige Versorgung benötigen“.

„Im Großraum Potsdam gibt es noch keine SAPV“, bestätigt AOK-Sprecher Jörg Trinogga. Für eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung sei ein Netzwerk aus Fachärzten, Physiologen und Psychologen nötig, dass bei Bedarf rund um die Uhr für den Patienten in seinem häuslichen Umfeld da ist. Trinogga: „Wir sind im Moment nicht in der Lage, in Potsdam eine Versorgung anzubieten, die den Kriterien der SAPV genügt.“ Derzeit existierten fünf solcher SAPV-Netzwerke im Land Brandenburg – in Neuruppin, Brandenburg (Havel), Bad Saarow, Luckenwalde und Frankfurt (Oder). Für Potsdam und Potsdam-Mittelmark sei immerhin eine Zusammenarbeit zwischen dem Klinikum „Ernst von Bergmann“, der Palliativstation in Lehnin, niedergelassenen Ärzten und qualifizierten Pflegediensten anvisiert, so der AOK-Sprecher. Trinogga erklärt auch, wo bisher das Problem liegt: Es fehle in Potsdam an Palliativmedizinern – also an Ärzten, die auf die Versorgung unheilbar kranker Patienten spezialisiert sind.

Wie Bernd Kämpfer, Leiter der Palliativstation des Bergmann-Klinikums, erklärte, werde es das SAPV-Netzwerk für Potsdam erst im kommenden Jahr geben. „Es ist für alle Neuland“, so Kämpfer. Die SAPV sei „eine dringend notwendige Ergänzung“ der Arbeit der Palliativstation. Denn „in der letzten Lebensphase gehört der Patient nach Hause“. Dafür sei jedoch ein tragfähiges Netzwerk für eine 24-Stunden-Notfallbetreuung nötig. Was der Babelsberger Dr. Gastmeier leiste, sei eine allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV), die viele Hausärzte allerdings nahezu ohne jede Vergütung erbringen. Kämpfer: „Das ist eine Lücke, die noch geschlossen werden muss.“ G. Berg

G. Berg

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