Landeshauptstadt: Noch tiefer in der Krise
Das Diakonische Werk Potsdam hat einen Insolvenzantrag gestellt. Nun wird geprüft, ob alle Einrichtungen des Sozialträgers weiterarbeiten können
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Die finanzielle Schieflage beim Diakonischen Werk Potsdam ist weitaus größer als bisher bekannt. Deswegen droht dem Verein die Zahlungsunfähigkeit. Das bestätigte Frank Hohn, der seit September den Vorstand des Vereins führt, am Mittwoch vor Journalisten.
Die Folge: Gestern stellte das Diakonische Werk – einer der größten Sozialträger der Stadt – beim Potsdamer Amtsgericht einen Insolvenzantrag. Zur Begründung sagte Hohn, es habe „systematische Abrechnungs- und Beantragungsfehler“ durch die Diakonie gegeben – der Verein erhält unter anderem von der Stadt Potsdam und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark Zuschüsse für den Betrieb von Kitas und anderen sozialen Einrichtungen.
Wie berichtet wurden bereits im Sommer rechtskräftige Forderungen der Stadt Potsdam gegen die Diakonie in Höhe von rund 120 000 Euro bestätigt. Damals hieß es schon, diese Forderungen könnten auf bis zu 500 000 Euro steigen – nach PNN-Informationen ist das jetzt der Fall. So soll Personal abgerechnet worden sein, dessen Beschäftigung durch die städtische Kita-Finanzierungsrichtlinie nicht gedeckt war. Hohn sagte, in den vergangenen Monaten seien neue Forderungen aufgetaucht. Der vorläufig eingesetzte Insolvenzverwalter Christian Graf Brockdorff sagte, die genaue Höhe der finanziellen Probleme sei noch unbekannt.
Zugleich habe die Hausbank der Diakonie den Dispokredit des Sozialträgers gekündigt, sagte Hohn. „Mit dem Insolvenzantrag wollten wir der drohenden Zahlungsunfähigkeit zuvorkommen“, so Hohn. In den kommenden Wochen werde unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft, ob und wie die Einrichtungen der Diakonie fortgeführt werden, so Hohn: „Unser Ziel ist der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze.“ Aktuell auflaufende Rechnungen und auch Löhne könnten weitergezahlt werden.
Im Diakonischen Werk Potsdam e.V. sind rund 240 Mitarbeiter beschäftigt – sie sollten gestern Abend bei einer Betriebsversammlung informiert werden. Der vor 21 Jahren gegründete Verein hat einen Jahresumsatz von etwa zehn Millionen Euro, zwei Drittel davon werden mit Kitas in Potsdam und Umgebung verdient. Die Diakonie betreibt zudem das Flüchtlingsheim am Schlaatz sowie Beratungs- und Sozialangebote für Familien und Jugendliche. Hohn sagte, alle Einrichtungen würden ihre Arbeit zunächst wie gewohnt fortsetzen.
Noch im zuletzt im Internet veröffentlichten Geschäftsbericht der Diakonie hieß es, die Liquidität des Vereins sei gewährleistet. Doch im Sommer rutschte der Verein in die Krise, der damalige Vorstand trat zurück. Im September hatte sich eine Lösung abgezeichnet, die evangelische Hoffbauer-Stiftung wollte die Diakonie auffangen – die Stiftung ist Mitglied im Diakonie-Verein, auch in ihr ist Frank Hohn der Vorstandschef. Zudem sollte der Verein zum Jahresende in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt werden. Diese Pläne liegen auf Eis. Brockdorff sagte, erst nach der Analyse der einzelnen Geschäftsbereiche könne er sagen, ob Einrichtungen der Diakonie in die Hoffbauer-Stiftung eingegliedert oder an andere Träger weitergegeben würden. Ebenso müsse es Gespräche mit Gläubigern geben, ob diese auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten könnten.
Unklar ist die Zukunft des langjährigen Geschäftsführers des Diakonie-Vereins, Marcel Kankarowitsch. Bei der Pressekonferenz war dieser nicht anwesend. Hohn: „Es ist der Vorstand, der jetzt handelt.“ Kankarowitsch sei aber weder gekündigt noch beurlaubt, es bestehe auch kein Verdacht der Untreue oder der Bereicherung. Über die Zukunft des Geschäftsführers würden intensive Gespräche geführt. Im September hatte Hohn gesagt, nur ohne Kankarowitsch bestehe die Chance für einen Neustart des Sozialträgers.
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