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Böhmische Bahn. 22 Tatra-Waggons gibt es in Potsdam. Hergestellt wurden sie in den achtziger Jahren in der damaligen Tschechoslowakei. Ihr Anblick bleibt den Potsdamern noch lange erhalten. Denn der ViP kann auf die robusten Trams nicht verzichten.

© Andreas Klaer

ÖPNV in Potsdam: Noch zehn Jahre Tatra fahren

Potsdams Verkehrsbetrieb hat Kapazitätsprobleme. Deshalb bleiben auch alte Trams länger im Dienst.

Stand:

Eigentlich soll Potsdams Verkehrsbetrieb (Vip) nach dem erklärten Willen der Stadtpolitik mit seinen Bussen und Bahnen helfen, mehr Menschen vom Autofahren abzuhalten und so das Verkehrsproblem der Stadt zu lösen. Bisher klappt das ganz gut: Mit 30,4 Millionen Fahrgästen hatte der Vip 2013 ein neues Rekordjahr. Doch stößt dieses Wachstum finanziell an enge Grenzen. Der ViP steht deshalb mittelfristig vor einem Kapazitätsproblem. Für größere Investitionen fehle das Geld, so der Tenor eines Pressegesprächs der Vip-Geschäftsführer Martin Grießner und Oliver Glaser am Mittwoch. Die PNN geben einen Überblick:

Gibt es genug Straßenbahnen?

„Die Tram ist in Potsdam das Rückgrat des Nahverkehrs“, sagte Vip-Geschäftsführer Glaser. Derzeit kommt der Vip mit den insgesamt 53 vorhandenen Trams zurecht. Vier weitere Variobahnen zum Stückpreis von 2,5 Millionen Euro werden noch in diesem Jahr geliefert. Doch anders als ursprünglich gedacht lösen die neuen Niederflurbahnen nicht die vertrauten Tatra-Straßenbahnen ab. Die eckigen Trams mit den hohen Treppenstufen, die im Jahr 1984 in Prag gebaut wurden, sollten eigentlich aus dem Verkehr gezogen werden. Doch nun bleiben sie den Potsdamern bis zum Jahr 2024 erhalten. Das sei für die Instandhaltung eine Herausforderung: Mechanische Teile könne die eigene Werkstatt reparieren. Allerdings gebe es für die Elektrotechnik mittlerweile kaum noch Ersatzteile. Notfalls müsse eines der Fahrzeuge ausgeschlachtet werden. „Wir brauchen mehr Kapazität“, fordert Grießner. Man müsse mit der Stadtspitze sprechen.

Was passiert mit den Bussen?

Neue Busse sind leichter anzuschaffen als neue Trams. Die Kosten sind niedriger und es gibt keine langen Vorlaufzeiten. „Busse gibt es von der Stange“, so Glaser. In den nächsten Jahren müssen sieben von 54 Bussen ersetzt werden. Derzeit prüfe der Vip, welche Anforderungen man an die neuen Fahrzeuge stellen müsse. Denkbar sei ein Modell mit einer weiteren Tür am Heck, um die Busse besser auszulasten. „Wenn man hinten aussteigen kann, treten die Fahrgäste eher mal bis zu Ende durch“, so Glaser. Im kommenden Jahr soll es dann eine europaweite Ausschreibung geben.

Wie wird der Nahverkehr finanziert?

Neben den Ticketerlösen bekommt der Vip Zuschüsse von den Stadtwerken. Für Investitionen gibt es Fördermittel vom Land. Dazu kommt der Betriebskostenzuschuss von bisher 4,5 Millionen Euro jährlich aus dem Stadthaushalt. Über dessen Fortführung bis 2019 wird derzeit verhandelt. Kämmerer Burkhard Exner (SPD) will nur noch 3,5 Millionen geben, der Rest soll über die Stadtwerke ausgeglichen werden.

Ist Potsdams Problem ein Einzelfall?

Laut dem Bericht einer Bund-Länder-Kommission aus dem Jahr 2012 fehlen deutschlandweit jährlich sieben Milliarden Euro, um den Investitionsstau an Straßen und Schienen zu beseitigen. Die neue Bundesregierung will nun fünf Milliarden Euro zusätzlich ausgeben – in vier Jahren. Wie viel davon für den öffentlichen Nahverkehr der Kommunen ausgegeben wird, ist noch offen.

Was macht das Land?

„Mehr Geld vom Bund für den Nahverkehr wäre wünschenswert“, sagt Sprecher Jens-Uwe Schade vom brandenburgischen Infrastrukturministerium. Doch für Potsdam gibt es erst mal weniger: Durch einen Beschluss des Brandenburger Kabinetts wird die Stadt ab diesem Jahr rund 900 000 Euro weniger Fördermittel für Investitionen bekommen. Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre waren es etwa 2,7 Millionen Euro jährlich. Statt projektbezogener Zuweisungen soll es eine Pauschale geben, die sich an der Länge der Gleise, den gefahrenen Kilometern und der Anzahl der Fahrgäste orientiert. Der Landtag muss darüber noch abstimmen. Mit mehr Geld vom Land ist auf absehbare Zeit nicht zu rechnen: „Wir streben einen ausgeglichenen Haushalt an“, so Schade.

Was wird aus der Infrastruktur?

Größere Netzerweiterungen sind unter den gegebenen Umständen kaum umsetzbar, obwohl insbesondere im Potsdamer Norden neue Stadtteile entstehen. So ist die Finanzierung der bis 2020 beabsichtigten Verlängerung der Tram von der Viereckremise zum Jungfernsee nicht gesichert. Gut sechs Millionen Euro würde das kosten. Das Fördergeld des Landes für den Ausbau der Infrastruktur wird allerdings durch nötige Modernisierungen bestehender Streckenteile wie der Heinrich-Mann-Allee weitgehend aufgebracht. Dort wurden die Gleise zuletzt vor 21 Jahren erneuert. „Der Abschnitt muss grundhaft erneuert werden“, so Grießner.

Wo wird das Netz modernisiert?

Nächstes Projekt ist der Umbau der Wendeschleife am Hauptbahnhof: Das Gleis soll aus der Heinrich-Mann-Allee in die Friedrich-Engels-Straße verlegt werden. „So müssen die Trams nicht mehr in den Gegenverkehr fahren“, sagte Glaser. Bisher koste jedes Wendemanöver wertvolle Minuten, weil erst die gesamte Kreuzung geräumt werden müsse. Über das Jahr gerechnet würden durch den Umbau mehrere Hunderttausend Euro eingespart. Bereits jetzt wird die Friedrich-Ebert-Straße zwischen Helene-Lange-Straße und Kurfürstenstraße erneuert. Für sieben Millionen Euro saniert die Stadt die Straße, der Verkehrsbetrieb ViP baut neue Gleise sowie eine barrierefreie Haltestelle. Gleichzeitig tauscht der kommunale Energieversorger Energie und Wasser Potsdam (EWP) die maroden Wasserrohre aus. „Der Gleisbau ist fertig“, sagte Glaser. Im Juni sollen auch die neuen barrierefreien Haltestellen gebaut sein.

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