Landeshauptstadt: Nord nach Süd geht nicht in Sanssouci
Potsdamer Familien und Studenten unterstützen Joops Kritik an Parkordnung und Parkwächtern
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Im Konflikt um die Regeln für Potsdams Schlossparks unterstützen jetzt auch viele Familien und Studenten die Forderung von Modeschöpfer Wolfgang Joop, die Parkordnung zu lockern und auf einen besseren Umgang der Parkwächter zu drängen. Joop war mit einem Parkwächter in Streit geraten, nachdem er entgegen der Verbote mit zwei unangeleinten Hunden in Sanssouci Rad gefahren war. Joop und der Wächter zeigten sich gegenseitig an, jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Für Potsdamer Eltern seien die seit einem Jahr geltenden Radfahrverbote in den Parks problematisch, da Schulwege länger und gefährlicher würden, sagen zum Beispiel der Arzt Jochen Schiller und seine Frau Gundula Bartels-Schiller. Weil es in Sanssouci keine genehmigte Nord-Süd-Verbindung für Radfahrer gebe, könnten ihre sieben und neun Jahre alten Kinder nicht mehr aus der Gregor-Mendel-Straße mit dem Rad zur Schule in Potsdam-West fahren. Die schriftliche Bitte der Familie, den großteils asphaltierten Selloweg zumindest als „Schiebestrecke“ zu öffnen, lehnte die Schlösserstiftung ab: Es gebe „kein übergeordnetes Interesse“.
Schillers sehen das anders: Ohne Nord-Süd-Querung seien alle Potsdamer aus den nördlichen Stadtteilen wie Jägervorstadt und Bornstedt „ausgesperrt“ und könnten nicht von der Maulbeerallee zum Ökonomieweg gelangen, auf dem das Radfahren erlaubt ist. Eine Nord-Süd-Verbindung durch den Park forderte auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam. Ansonsten bleibe der Botanische Garten der Uni per Fahrrad nur über die Maulbeerallee erreichbar.
Ein ähnliches Problem gibt es im Neuen Garten: Dort solle der Weg zwischen Gotischer Bibliothek und Portierhaus als „Schiebestrecke“ für Schulkinder freigegeben werden, hatte selbst Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gefordert. Potsdam sei offiziell familienfreundlichste Stadt Deutschlands, sagt Jochen Schiller – die Schlösserstiftung handle aber nicht danach. „Wir wollen keine komplette Freigabe, aber sinnvolle Regelungen“, ergänzt Gundula Bartels-Schiller. Dazu gehört für sie auch ein besserer Umgang der Parkwächter mit Besuchern und Familien. So sei sie gestoppt und rigoros festgehalten worden, als sie ihr Rad aus dem Park herausschob. Während andere, die durch den Park radelten, nur verwarnt wurden, habe sie dafür 20 Euro zahlen müssen. Dies grenze an Willkür.
Ähnliches schildert eine Potsdamerin, die mit dem Fahrrad samt Kind in Sanssouci unwissentlich einen nicht freigegebenen Weg benutzt hatte. Ein Wächter habe sie angehalten und „angeschnauzt“. Als sie die 20 Euro Verwarngeld nicht sofort zahlen konnte, habe der Wächter ihr Rad mit dem Kind festgehalten und gedroht es mitzunehmen, denn „bewegliche Gegenstände dürfe er einbehalten“. Es sei zu einer Rangelei gekommen „in deren Folge wir auf der Wiese neben dem Weg landeten“. Schlussendlich habe sie weiterfahren können – mit der Drohung, beim nächsten Mal aber „dran“ zu sein, so die Frau, die ihren Namen öffentlich nicht nennen wollte.
Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam lobte Modeschöpfer Joop gestern „ausdrücklich“ für seinen „zivilen Ungehorsam“. Zahlreiche Studenten hätten ähnliche Erfahrungen mit Parkwächtern gemacht. Die Parks seien „für alle da und nicht dafür, dass die Schlösserstiftung sich ein Denkmal setzt“, so der AStA-Referent für Ökologie und Verkehr, Philipp Kramp. Schlösserchef Hartmut Dorgerloh müsse erkennen, dass er „mit der Durchsetzung der Parkordnung den Frieden in Potsdam gefährdet“. Der AStA werde im Frühjahr und Sommer Protestaktionen gegen die Regeln organisieren und unterstützen.
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