Kolumne PYAnissimo: Nordseeurlaub, die Zweite
Urlaub an der Nordsee ist wirklich eine feine Sache. Wenn man jetzt nicht unbedingt mit Wasser rechnet.
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Urlaub an der Nordsee ist wirklich eine feine Sache. Wenn man jetzt nicht unbedingt mit Wasser rechnet. Ich war sieben Tage dort, davon waren sechs sonnig. Und ich habe nicht ein einziges Mal gebadet. Bis zum Knie, das war das höchste an Wasserstand, was ich geschafft habe. Und zwar während der Flut, also Hochwasser, wie es korrekt heißt. „Sie können in der Fahrrinne schwimmen“, sagte der staatlich geprüfte Wattführer bei der romantischen Sonnenuntergangswattwanderung für Touristen. Es gibt sogar einen Tidenkalender mit zehn Geboten für ahnungslose Binnenlandbewohner, die das tückische Wattenmeer erkunden wollen. „Höre auf den Rat von Kundigen“, stand dort. Und: „Auf keinen Fall in der Fahrrinne baden!“
Dieses Wattenmeer machte mich fertig. Ich glaube, die Gezeitennummer ist ein ganz mieser Marketingtrick der Tourismusbörse. Damit werden die Urlauber gezielt verwirrt, ihre Naivität („Sie wollten hier wirklich schwimmen?“) schamlos ausgenutzt. Denn wer nicht im Meer baden kann, der muss zwangsweise den Whirlpool im Kurhaus buchen, sich beim Wandern im Watt kalte Füße oder Schnittwunden holen, Minigolf spielen, Fahrräder mieten und sich mit dem steten Gegenwind rumärgern. Wer dann immer noch Langeweile hat, muss Krabben pulen. Ungeübte schaffen es immerhin nach drei Tagen, dabei mehr Kalorieren zu sich zu nehmen als beim Friemeln und Fluchen zu verbrauchen.
Potsdam hat zwar immer genug Wasser, dafür aber ein Sommerloch. Theater macht Pause, Nikolaisaal auch, die Schiffbauergasse ist so verträumt wie eh und je und die Parks sind voll in der Hand ausländischer Touristenströme. Also was tun in dieser schwül-schläfrigen Stadt? Hier kommen meine ultimativen Sommer-Tipps für Potsdam:
ÖPNV fahren. Fahren Sie ihre Monatskarte ab, entdecken Sie eine Ihnen völlig unbekannte Bus- oder Tramlinie, fahren Sie von Endstation zu Endstation. Töplitz soll sehr schön sein.
Marmelade kochen. Ist nicht so schwer wie es uns damals schien, als Oma tagelang am Herd stand und vom Rühren Muckis bekam. Noch gibt es leckere Erdbeeren und Kirschen aus Werder, Gelierzucker kaufen und loslegen.
Blumen pflücken. Nein, nicht im Park. In Potsdam gibt es etliche innerstädtische Baustellen oder Baulücken, die sich zu reizenden Biotopen entwickelt haben. Hier wachsen Kamille und Schafgarbe, Rainfarn, Wegwarte, Wicke und Flockenblume. Greifen Sie zu. Und gehen Sie schwimmen, solange das Wasser noch algenfrei ist.
Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg
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