Aus dem GERICHTSSAAL: Notorischer Provokateur
Angeklagter soll ärztlich begutachtet werden
Stand:
„Meinen Strafbefehl hat eine Richterin unterschrieben. Wieso sitzt jetzt plötzlich ein Mann hier? Dagegen lege ich Widerspruch ein“, empört sich Ulf U.* (44) lautstark. Amtsrichter Francois Eckardt klärt den wegen Beleidigung Angeklagten auf, sein Einspruch gegen den Strafbefehl sei zwar rechtens, die Besetzung des Gerichts allerdings auch. Der Arbeitslose lässt sich nicht belehren, beschimpft den Vorsitzenden als kriminell, blättert wütend in mitgebrachten Schriftstücken. Niemand – so seine Ansicht – nimmt ihn und seine Belange ernst. Das lässt er sich nicht bieten, bombardiert Ämter und andere staatliche Stellen mit Briefen. Nicht selten vergreift sich Ulf U. dabei im Ton. Am 3. September 2008 schrieb er beispielsweise an den Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg, bezeichnete den Vorsitzenden Thomas Domres (Die Linke) als „Verbrecher“ sowie dessen Mitglieder als „elende Verbrecher“, die sich einen „Scheißdreck um ihre Pflichten kümmern“ würden. Eine Strafanzeige folgte prompt.
„Wie kann ich per Strafbefehl zur Zahlung von 300 Euro verurteilt werden, ohne mich vorher anzuhören?“, beschwert sich der Potsdamer. Die Möglichkeit, sich nun in der mündlichen Hauptverhandlung zu äußern, nimmt er allerdings nicht wahr. „Ich sage gar nichts mehr“, stellt Ulf U. klar, lehnt sich gemütlich zurück. „Haben Sie schon einmal daran gedacht, sich ärztlich begutachten zu lassen?“, rät der Vorsitzende dem Querulanten auf der Anklagebank. „Vielleicht sind Sie gar nicht in der Lage, Ihre Handlungen zu steuern? Ulf U. entgegnet erzürnt: „Dazu gibt es überhaupt keinen Anlass. Ich weiß doch, wie das läuft. Wer nicht spurt, wie er soll, der ist vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig. Wenn ich meine Handlungen nicht steuern könnte, dann hätten schon ein paar Leute ein Ding in die Fresse gekriegt.“ Dann holt er zum nächsten verbalen Schlag aus, behauptet, er sei in der Vergangenheit lediglich wegen Nötigung verurteilt worden, weil der Staatsanwalt „zu blöd zum Lesen“ gewesen sei. Gegen diese Sanktion sei er allerdings in Berufung gegangen. „Bei mir kriegen die Kriminellen das, was sie brauchen, nämlich Arbeit. Dazu zähle ich auch Richter, aber die dürfen ja nicht verurteilt werden“, erklärt Ulf U.
„Ich denke auch, dass eine Begutachtung nötig ist“, bringt es die Vertreterin der Anklage auf den Punkt. Diese sei bereits vom Berufungsgericht angeordnet worden und könne notfalls gegen den Willen des Angeklagten erfolgen. „Das werden Sie nicht schaffen. Ich werde Beschwerde einlegen“, kündigt Ulf U. grimmig an. Richter Eckardt lässt sich nicht provozieren. Er setzt das Verfahren aus, wartet auf das Ergebnis des psychiatrischen Gutachtens. Ist der Angeklagte für seine Taten verantwortlich, gibt es einen neuen Termin – und ein Urteil. Hoga
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