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Nach „Hass-Duell“: Notstand bei Turbine: Die erste Elf fällt aus

Mit einer Rumpf-Elf geht Turbine Potsdam ins Rückspiel der Champions League gegen Standard Lüttich. Nach dem Verletzungsdrama im Prestige-Duell gegen Frankfurt muss der Frauen-Meister im Heimspiel am Mittwoch seine letzten fitten Spielerinnen aufbieten. Ba

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Potsdam - Beim deutschen Frauenfußball-Meister Turbine Potsdam herrscht der personelle Ausnahmezustand. Vor dem Champions-League-Rückspiel am Mittwoch gegen Standard Lüttich muss Trainer Bernd Schröder verletzungsbedingt auf ein komplettes Team verzichten. „Die Situation ist nicht mit links zu meistern“, erklärte der 70-Jährige am Montag. Es drohe trotz des 3:1-Erfolges im Hinspiel sogar das Aus. Theoretisch habe Turbine noch genügend Qualität in den eigenen Reihen, „aber wir müssen die hässlichen Bilder vom Frankfurt-Spiel aus den Köpfen herausbekommen“, unterstrich Schröder.
Das Spitzenspiel der Frauen-Bundesliga zwischen Turbine und dem 1. FFC Frankfurt (1:2) mutierte am Sonntag nach drei schweren Verletzungen zum „Hassgipfel“. Kurz vor dem Spielende waren die Potsdamerinnen Alexandra Singer und Stefanie Mirlach bei einem Abwehrversuch ungebremst mit den Köpfen zusammengestoßen. Beide mussten blutüberströmt vom Platz getragen und ins Krankenhaus eingeliefert werden. Wenig später verdrehte sich die Frankfurter Nationalspielerin Fatmire Bajramaj im Zweikampf mit Turbine-Kapitän Tabea Kemme das rechte Knie -  Kreuzbandriss.
Die Untersuchungen ergaben auch bei den Potsdamerinnen schwere Verletzungen. Singer erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine 15 Zentimeter große Platzwunde am Kopf und musste im Potsdamer Krankenhaus bleiben. Eine Computertomographie bestätigte zum Glück den Verdacht auf Schädelbruch oder eine Wirbelsäulenverletzung nicht.
Teamkollegin Mirlach trug eine schwere Gehirnerschütterung und eine zehn Zentimeter langen Platzwunde am Kopf davon. „Beide werden mit Sicherheit wochenlang ausfallen“, meinte Trainer Schröder. Die US-Amerikanerin Singer leibt zunächst zur Beobachtung im Potsdamer Klinikum. „Der Verlauf der nächsten Tage soll abgewartet werden“, sagte Turbine-Sprecherin Nadine Bieneck auf Anfrage der Nachricchtenagentur dapd.
Potsdam unterlag in dem hektischen Spiel in der Nachspielzeit. „Ich verstehe nicht, warum die Schiedsrichterin die Partie nach dem Zusammenstoß meiner Spielerinnen wieder angepfiffen hat“, zeigte Schröder noch 20 Stunden später Unverständnis. Erst danach sei es zu unschönen Bildern gekommen, meinte der Coach. Zu neunt kassierte Turbine den K.o.-Treffer durch die Ex-Potsdamerin Bajramaj (90.+6).

Die 24-jährige Fußball-Nationalspielerin Bajramaj fällt rund ein halbes Jahr verletzt aus. Sie erlitt in der Partie einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie. Dies ergab die MRT-Auswertung durch Vereinsarzt Ingo Tusk. Bajramaj war von der Potsdamerin Tabea Kemme rüde gefoult worden, nachdem sie den Siegtreffer erzielt hatte. Nun wird sie ihrem Verein und der Nationalauswahl lange Zeit fehlen. Auch ein Einsatz beim Algarve-Cup in Portugal Anfang März, wichtige Vorbereitungsetappe auf dem Weg zur EM-Endrunde im Juli 2013, wird nicht möglich sein.

Die Potsdamer Zuschauer standen kopf. „Der Hass zwischen beiden Teams ist somit unnötig geschürt worden“, sagte Schröder. FIFA-Schiedsrichterin Riem Hussein habe keine Größe gezeigt. „Sie hätte es anders lösen können. Wie es Hussein dann aufgelöst hat, war unwürdig.“ Aber auch das Verhalten vom 1. FFC Frankfurt habe nichts mit Fair Play zu tun gehabt. Mit einem „Nichtangriffspakt“ wäre die Lage nicht eskaliert, meinte Schröder. Er befürchtet jetzt, dass eine „überdimensionale Feindschaft“ zwischen beiden Teams entsteht.
„Ich lasse mir daraus keinen Vorwurf machen und keinen Strick drehen, dass wir weitergespielt haben“, erklärte Frankfurts Trainer Philipp Dahm. „Es ist alles regelkonform verlaufen“, meinte Manager Siegfried Dietrich. Vielmehr habe sich das Potsdamer Publikum feindselig verhalten. „Ich bin bespuckt und mit Gegenständen beworfen worden“, empörte sich Dietrich am Montag. (dpa mit dapd)

Georg-Stefan Russew

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