zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Nummer 1 auf der Speisekarte

Potsdams einziger Fischerei-Betrieb hält 2,5 Tonnen Silvesterkarpfen bereit

Stand:

Potsdams einziger Fischerei-Betrieb hält 2,5 Tonnen Silvesterkarpfen bereit Von Günter Schenke In Potsdams einzigem Fischerei-Betrieb Weber & Winkler herrscht in den letzten Tagen des alten Jahres Hochsaison. Die beiden Fischer Mario Weber und Thomas Winkler haben alle Hände voll zu tun, die begehrten Silvesterkarpfen an den Mann beziehungsweise an die Frau zu bringen. Bis 12 Uhr am 31. Dezember werden in der Großen Fischerstraße 12 noch frische und geräucherte Fische verkauft. „Der Karpfen ist nach wie vor die Nummer eins auf der Speisekarte zu Silvester“, sagt Mario Weber. Wie die gebratene Gans zum Weihnachtsfest sei Karpfen blau zu Neujahr führend. Nicht ohne Grund ist zum Jahreswechsel Geflügel von den meisten Speiseplänen gestrichen. Zu groß ist die Sorge der abergläubischen Menschen, dass mit dem Federvieh auch das Glück im neuen Jahr davonfliegen könnte. So ist der Karpfen für viele längst Tradition. Aber auch andere Fischarten wie Zander, Hecht, Forelle und Aal kommen Neujahr auf den Tisch. Alle diese Arten sind bei Weber & Winkler reichlich vorhanden, dazu Räucherware frisch aus dem Ofen. Nach dem meist kalorienhaltigen Festtagsbraten zur Weihnachtszeit wird die vergleichsweise leichte Fischkost bevorzugt. Zweieinhalb Tonnen Karpfen habe er in diesem Jahr geordert, berichtet der Fischer. Die quicklebendigen Tiere schwimmen in großen Netzen, die im Havelwasser an der Kaimauer in der Großen Fischerstraße hängen. Meist handelt es sich um Spiegelkarpfen, vereinzelt Schuppenkarpfen. Die Silvesterkarpfen stammen, was viele Kunden nicht wissen, nicht aus dem eigenem Fang. Die Havelgewässer sind für die Fortpflanzung des Karpfens viel zu kalt und daher findet sich der beliebte Jahreswendefisch nur gelegentlich in den Netzen. Wer einheimische und von den beiden Fischern selbst gefangenen Fisch haben möchte, wählt daher Hecht, Zander oder Aal. Der Fischfang macht zwischen den Feiertagen keine Pause. „Ich war heute Morgen draußen, um Aal-Reusen zu leeren“, berichtet Weber, „und ich bin mit dem Fang sehr zufrieden“. Die Silvesterkarpfen bezieht der Fischereibetrieb schon seit Jahren aus der Zuchtanlage in Weißig bei Dresden. „Die Qualität stimmt wie immer“, sagen die Fischer, die selbst am liebsten Karpfen blau mit Kräutersoße mögen. Ein kleiner „Nachteil“ des Karpfenschmauses sind die Gräten. Daher der Hinweis für Leute, die das Karpfenessen nicht kennen: Nie einen zu kleinen Fisch unter zwei Kilo nehmen, da die Gräten bei diesem winzig sind und das Essen keine Freude aufkommen lässt. Beim Karpfengericht gilt also: Je mehr Kilo, desto freudvoller der Schmaus. Und wem die Gräten den Genuss gänzlich vermiesen würden, der sollte auf Zander ausweichen, eine wahre Delikatesse, denn die Filets des begehrten Havelfisches sind völlig grätenfrei. Und außerdem: „Havelzander und Potsdamer Stange (Bier)“ gilt als bodenständiges Leibgericht. „Lebende Karpfen geben wir nicht ab, das ist aus Gründen des Tierschutzes verboten“, erläutert der Fischer. Wer Wert auf ganz frische Ware legt, kann die bestellten Tiere noch zu Silvester abholen. Der Kunde hat die Wahl zwischen einem nur getöteten Fisch und einem fachmännisch ausgenommenen Exemplar. Letzteres ist etwas teurer als der nicht ausgenommene Karpfen. Für die Havelfischer war 2003 ein gutes Jahr – trotz des heißen Sommers. In den Hitzetagen haben sich die Fische nur wenig bewegt, und die Ausbeute in den „passiven“ Netzen war daher zeitweise etwas geringer. Insgesamt aber spricht Weber von einem „guten Fischbestand“ in der Havel, die er von Wannsee bis Brandenburg befischt. Große Werbung hat der kleine Fischereibetrieb nicht nötig. Weber: „Die meisten Kunden werden durch Mund-zu-Mund-Propaganda auf uns aufmerksam“.

Günter Schenke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })