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Ursachen kaum erforscht. Auch Thomas Vogel kennt den Auslöser seiner gut behandelbaren Migräne-Anfälle nicht.

© Andreas Klaer

Migräne-Erkrankter aus Potsdam: „Nur einmal geriet alles außer Kontrolle“

Thomas Vogel hat seit seiner Kindheit zwei- bis dreimal im Jahr einen Migräneanfall. Medizinisch ließ er das nie abklären. Mit der Krankheit hat er sich arrangiert.

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Potsdam - Die Erinnerung hat sich ihm eingeprägt: Wie er als Kind vor der Klasse stand und sich übergeben musste. „Das liegt bei uns in der Familie. Meine Oma hatte es am stärksten, meine Mutter hatte es auch“, erzählt Thomas Vogel. „Seit ich denken kann, habe ich Migräne.“

Der Anfall läuft seit den Kindheitstagen ähnlich ab – bis heute: Der Kopf schmerzt halbseitig, Teile des Gesichtsfeldes sind wie ausgelöscht, die Arme und Beine und auch der Bereich um den Mund fühlen sich taub an. Dann kommt das Erbrechen. „Ich fühle mich krank. Und am nächsten Tag geht es wieder.“

Was sind die Ursachen für Migräne?

Der 43-Jährige lehnt sich in den Sessel im „Tasty“, dem Café bei den Babelsberger Filmstudios, zurück und versucht die Krankheit, die häufig innerhalb weniger Stunden kommt und geht, zu erklären: Ein Muster, einen Auslöser dafür hat er nie gefunden, weder in seiner Ernährung, noch in so stressigen Lebensumständen wie denen, dass er zweimal Vater wurde.

Und die Arbeit? „Der Job bei Antenne Brandenburg ist stressig. Als Wortchef leite ich einen großen Laden“, überlegt er. „Aber ich mache das noch nicht ewig, seit zwei Jahren. Die Häufigkeit der Migräneanfälle hat sich dadurch nicht geändert.“ Nach wie vor kommen sie nur zwei-, dreimal im Jahr, manchmal nur einen Tag lang, manchmal in Serien an zwei Tagen nacheinander.

Dennoch am Leben teilnehmen

Vogel leidet wie rund 15 Prozent der Betroffenen an einer so genannten Migräne mit Aura, bei der die Kopfschmerzen sich durch neurologische Vorsymptome wie eingeschränktes Sehen, Taubheitsgefühle und Wortfindungsschwierigkeiten ankündigen. „Ich habe das nie tiefgehend medizinisch abklären lassen“, gibt der Medienmann zu. „Als ich von meinem Arzt hörte, welche Untersuchungen das bei der Charité in Berlin mit sich bringt ...“ - er winkt ab. Auch das Migränetagebuch habe er nie geführt: „So hoch war mein Leidensdruck nicht: Man ist angenockt, aber man nimmt am Leben teil.“

Überall, wo Thomas Vogel sich aufhält, bei sich zu Hause in Babelsberg oder bei der Arbeit, liegt in einer Schublade das Schmerzmittel Ibuprofen. Sobald der Anfall sich – meist durch die Einengung des Gesichtsfeldes – bemerkbar mache, halte er mit einer Tablette dagegen: „Und damit habe ich es ganz gut im Griff. Auch wenn ich dann zwei Stunden vermindert leistungsfähig bin.“

Albtraum-Situation am Arbeitsplatz

Einmal nur geriet alles außer Kontrolle. Das war während einer langen Arbeitssitzung, aus der er sich nicht habe entfernen können. „Es wurde immer dunkler um mich herum, und ich konnte nicht mehr richtig reden, habe nur noch gestammelt – ein Albtraum.“ Seine Kollegen sprachen ihn hinterher nicht darauf an. „Ich habe in meinem Arbeitsumfeld niemandem erzählt, dass ich Migräne habe.“

Ein Tabu stelle die neurologische Erkrankung für ihn nicht dar, stellt Thomas Vogel nachdrücklich fest. Schon als er Kind war, wurde seine Migräne beim Namen genannt. „Früher, im Osten, haben meine Eltern mir immer Zäpfchen gegeben. Ich habe dann drei Stunden geschlafen. Hinterher hatte ich einen merkwürdigen metallischen Geschmack im Mund“, erinnert er sich, „das Mittel muss ein Hammer gewesen sein.“

Migräne "als gottesgegeben" 

Und trotzdem: In der Schule traute er sich nicht, darüber zu sprechen. Er habe gelitten und sei nie früher nach Hause gegangen. Die Migräne nahm er „als gottgegeben“ hin und versuchte, die Auswirkungen zu verstecken. „Ich habe das nicht vor mir hergetragen: Ich bin der Thomas mit der Migräne“, grinst Vogel.

Ein Muster fällt ihm dann doch ein: „Die Migräne kommt regelmäßig morgens zwischen 9 und 10 Uhr. Wenn ich nichts dagegen unternehme, kulminiert sie mittags.“ Manchmal hilft dann nur noch, sich ein paar Stunden ins Bett legen – in einem abgedunkelten Raum. Dann ist es irgendwann wieder vorbei.

Isabel Fannrich-Lautenschläger

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