Landeshauptstadt: Nur Flickarbeiten an maroden Brücken
Kein Ersatz für Babelsberger S-Bahnbrücke und Havelüberquerung. Fahrgastverband rügt Versäumnisse
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Voraussichtlich erst 2016 will die Bahn weitere Reparaturen an der maroden S-Bahnbrücke über der Babelsberger Wattstraße durchführen. Bereits nächstes Jahr sollen an der ebenfalls baufälligen Havelüberquerung der Bahnstrecke Frankfurt (Oder)-Magdeburg die Brückenbalken in Fahrtrichtung Potsdamer Hauptbahnhof ausgetauscht werden, teilte der Konzern auf PNN-Nachfrage mit.
Wie berichtet sind beide Brücken grundsätzlich in so schlechtem Zustand, dass sie eigentlich ersetzt werden müssten. Das zumindest hatte die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zum Zustand deutscher Bahnbrücken der Grünen-Bundestagfraktion ergeben. Demnach weisen von 801 Eisenbahnbrücken im Land Brandenburg 65 „so gravierende Schäden auf, dass eine wirtschaftliche Instandsetzung nicht mehr möglich ist“. Darunter waren auch die zwei Potsdamer Brücken. Allerdings hatte die Bahn betont, dass die Brücken wenigstens alle drei Jahre aufwendig kontrolliert würden und Fahrgäste in keinem Fall gefährdet seien.
Sowohl die S-Bahnüberquerung in Babelsberg als auch die Brücke über die Havel nahe dem Potsdamer Hafen sind von großer infrastruktureller Bedeutung für die Pendlerstadt Potsdam. Allein mit der S-Bahn fahren täglich rund 47 000 Personen zwischen Berlin und Brandenburgs Landeshauptstadt – so fahren unter der Woche täglich allein 220 S-Bahnen und 130 Züge über die beiden jahrzehntealten Brücken.
Die brandenburgische Grünen-Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock hatte Bahn und Bund wegen des Zustandes der Eisenbahnbrücken heftig kritisiert. „Es ist dramatisch, wie die Bahn und der Bund das Streckennetz in der Region verlottern lassen und das damit verbundene Chaos im Fahrplan billigend in Kauf nehmen“, hatte die Grünen-Politikerin gesagt.
In Potsdam allerdings kommt es laut Bahn durch den Zustand der betreffenden Brücken derzeit nicht zu Einschränkungen. In anderen Fällen aber müssen Züge ihr Tempo auf maroden Brücken häufig drosseln. Durch einen Trick werden die Verspätungen wegen der verringerten Geschwindigkeit für Fahrgäste meist aber nicht spürbar. Die Bahn baut die längere Fahrzeit einfach in den Fahrplan ein.
Aus Sicht des regionalen Fahrgastverbandes IGEB ist der jetzige Zustand vieler Brücken alten Versäumnissen geschuldet. „Wir beklagen schon seit Jahren, dass für die Instandhaltung zu wenig ausgeben wird. Selbst die Bahn hat den Bund angemahnt, mehr Geld bereitzustellen“, sagte der IGEB-Vorsitzende Christfried Tschepe den PNN. Manche Brücken hätten wohl noch dauerhaft erhalten werden können, wenn rechtzeitig etwas getan worden wäre, so Tschepe. „Gerade die S-Bahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam ist aufgrund ihrer hohen Frequentierung ein hoch sensibler Bereich. Da hätte man früher etwas machen müssen“, kritisierte der IGEB-Vorsitzende.
Im Potsdamer Rathaus hält man sich dagegen mit Kritik zurück. „Dem Bahnverkehr auf der Strecke zwischen Potsdam und Berlin kommt aufgrund der starken Pendlerbeziehungen zwischen beiden Städten natürlich eine große Bedeutung zu“, heißt es diplomatisch. Allerdings hat man offenbar die Befürchtung, dass es bei umfangreicheren Baumaßnahmen erneut zu einem ähnlichen Durcheinander kommen könnte wie vor rund zwei Jahren, als die Regionalbahnstrecke zwischen Berlin-Charlottenburg und Wannsee saniert worden war und es zu erheblichen Einschränkungen kam. „Wir gehen aber selbstverständlich davon aus, dass die Bahn – wie in der Vergangenheit geschehen – rechtzeitig Gespräche mit der Stadt führen wird, wenn entsprechende Pläne vorliegen und Belange der Stadtverwaltung berührt sind“, erklärte ein Stadtsprecher.
Einstellen dürfen sich Pendler schon jetzt auf Arbeiten am Gleisbett zwischen Potsdam und Berlin-Wannsee. Die beginnen laut Bahn wie berichtet bereits Ende August. Auch der S-Bahnhof Babelsberg soll ab 2016 saniert werden. Das zumindest hatte der Konzern erst vor Kurzem mitgeteilt. Darüber hinaus wird es aber keine großen Maßnahmen geben – wenigstens nicht an den beiden Brücken. „Ein Ersatzneubau ist langfristig nicht vorgesehen“, heißt es.
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