
© A. Klaer
PNN-Serie zu Flüchtlingshelfern in Potsdam: Nur für Frauen
„Es gibt ein helles Deutschland, das sich leuchtend darstellt“, sagt Bundespräsident Joachim Gauck über die Helfer, die sich in diesen Tagen für Flüchtlinge einsetzen. Auch in Potsdam geben viele Freiwillige ihr Bestes. Wir stellen jede Woche ein Beispiel vor, aufgezeichnet von Katharina Wiechers. Heute: Ursula Weyrauch.
Stand:
Ich war selbst Flüchtling, als Achtjährige bin ich mit meiner Familie aus Schlesien nach Potsdam gekommen – das prägt. Als nun so viele Flüchtlinge zu uns kamen, wollte ich etwas tun. Von jemandem aus dem Kirchenkreis habe ich gehört, dass Deutschlehrer gesucht werden und dachte, das ist vielleicht etwas für mich.
Wir hatten über die Rotarier schon mehrere Austauschschüler bei uns, aus Neuseeland, Kanada und den USA. Die konnten anfangs kaum Deutsch und ich wiederum kaum Englisch, aber trotzdem hat es funktioniert – ich habe also schon gute Erfahrungen gemacht.
Erst habe ich in dem großen Flüchtlingsheim im Schlaatz unterrichtet, aber das war mir zu weit weg. Dann hörte ich, dass auch im Frauenasyl in der Hegelallee Bedarf ist. Im Juni wurde von der Hegelallee aus ein Deutschkurs für Frauen, Mütter und ihre Kinder im Treffpunkt Freizeit ins Leben gerufen. Er ist auch für Frauen aus anderen Flüchtlingseinrichtungen offen. Mittwochs gibt dort eine professionelle Deutschlehrerin Unterricht. Der Freitagskurs wird hauptsächlich von uns Ehrenamtlichen bestritten.
Für die Frauen ist das sozusagen eine Vorschule. Die meisten warten noch darauf, dass sie ihre Kinder in einer Kita oder Schule unterbringen können, bevor sie einen richtigen Deutschkurs besuchen können. Wir wollen ihnen die Grundlagen beibringen und die Angst nehmen. Anfangs hatten wir nur Arbeitsblätter, jetzt haben wir ein Buch. Wir lernen die Wochentage, die Zahlen, die Körperteile, die wichtigsten Nahrungsmittel... Glücklicherweise sind wir momentan so viele, dass wir quasi eine 1:1-Betreuung machen können.
Im Treffpunkt Freizeit werden wir toll aufgenommen. Zum Beispiel bekommen die Frauen ein kostenloses Mittagessen in der Kantine. Und die Kinder, die während des Kurses von einer anderen Ehrenamtlichen betreut werden, können mit den Spielsachen dort spielen.
Anfangs hatten wir Schwierigkeiten mit der Pünktlichkeit. Einmal wollten wir Ehrenamtlichen gerade schon wieder nach Hause gehen, weil niemand da war, als um Viertel nach auf einmal alle eintrudelten. Aber das hat sich enorm gebessert. Die Frauen sind sehr motiviert. Wenn sie neu in den Kurs kommen, sind sie oft unsicher, wollen kaum ihre Jacke ausziehen. Aber das legt sich schnell.
Mir macht das großen Spaß, man bekommt so viel zurück. Neulich war ein kleiner Junge dabei, neun Jahre alt. Sein Bruder ist nach draußen zum Toben gegangen, aber er wollte unbedingt bleiben. Er sagte: „Ich muss Deutsch lernen. Ich will einen deutschen Freund.“ Und dann hat er alle Zahlen aufgesagt, von eins bis 100, und hat sich dabei derart konzentriert, dass es eine Freude war. Demnächst wollen wir Plätzchen backen. Im Treffpunkt geht das nicht, aber vielleicht können wir das im Staudenhof machen. Und wenn nicht, können auch alle zu mir kommen. Die bringen wir schon unter.
Heute berichtet Ursula Weyrauch, 79. Sie unterrichtet Deutsch in einem Mutter-Kind-Kurs für Flüchtlinge. Sind Sie auch in der Flüchtlingshilfe aktiv oder kennen Sie jemanden, den wir hier vorstellen sollten? Schicken Sie uns eine E-Mail an potsdam@pnn.de
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