Landeshauptstadt: Nur mit Erdwärme und Solarthermie
An der Dieselstraße in Babelsberg errichtet eine Baugemeinschaft 18 Doppelhaushälften. Die ersten Bauherrn sind bereits eingezogen
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Potsdam wächst rasant, überall in der Stadt schießen neue Wohnviertel empor. Doch wie lebt es sich dort eigentlich? Die PNN besuchen die Quartiere und stellen sie in der Serie „Das neue Potsdam“ vor.
Heute: Baugemeinschaft Dieselstraße (Folge 21)
Babelsberg - Die hölzerne Gartenbank wirkt noch etwas verloren. Vor dem Haus der Familie Kreutzmann in Babelsberg steht das Sitzmöbel im Schnee. Durch die dünne Schicht winterlichen Niederschlags hindurch lugen steinerne graue Krümel aus dem Boden hervor. So sieht es aus, wenn gerade ein Haus gebaut wurde und die Muttererde auf dem Gartenland ringsherum noch fehlt. Auch der Eingangsbereich zum Domizil der Kreutzmanns ist noch ein Provisorium. Wer hier zur Hauseingangstür herein will, muss derzeit über hölzerne Paletten laufen, auf denen ein grüner Teppich liegt.
In den gegenüberliegenden Häusern im Baugebiet an der Dieselstraße östlich des Horstwegs sind die Arbeiter noch zugange. Kreutzmanns gehören zu den ersten vier Familien, die schon ihr neues Heim in einem der jüngsten Baugebiete Potsdams beziehen konnten. Es ist ein verhältnismäßig kleines Areal, das nur neun Häuser umfasst. Jedes Gebäude ist ein Doppelhaus. 18 Familien werden hier also einmal wohnen können. Und die Lage kann durchaus als ziemlich zentral gelten: In wenigen Minuten ist man an der nächsten Bushaltestelle, den S-Bahnhof-Babelsberg können die Bewohner des neuen Baugebiets ebenfalls fußläufig erreichen. Und die Auffahrt zur Nuthestraße am Horstweg liegt quasi um die Ecke.
„Wir haben vorher schon in Babelsberg gewohnt und wollten ganz gern auch in Babelsberg bleiben“, sagt Thomas Kreutzmann, der zusammen mit seiner Frau und den Kindern hier wohnt. Schule, Kita, Freunde habe man schon seit Längerem hier in diesem Stadtteil gehabt. Klar, da wollte die Familie nicht unbedingt weit wegziehen. Doch man war auf der Suche nach Wohneigentum. In einer Zeitung habe eines Tages gestanden, dass die Firma Stadtkontor Interessenten für eine zu gründende Baugemeinschaft sucht. Kreutzmanns nahmen Kontakt auf, es folgten Einführungsveranstaltungen von Stadtkontor. Auf einer Fläche, auf der sich bis vor wenigen Jahren Kleingärten befanden, sollten nun Wohnhäuser entstehen. Das Schrebergartenglück musste hier dem Besiedlungsdruck weichen.
Familie Kreutzmann entschied sich schließlich, mit dabei zu sein, wenn an der Dieselstraße die von Stadtkontor geplanten Häuser gebaut werden. Dazu gründeten die ersten Bauwilligen eine Baugemeinschaft. Kreutzmanns gehörten dazu. Das Prinzip einer solchen Gemeinschaft ist simpel: Privatleute schließen sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen und ziehen das Projekt gemeinsam durch. Einen Bauträger spart man sich auf diese Weise.
Anders als im Falle ganz klassischer Baugemeinschaften, bei denen die Mitglieder ein Projekt teilweise in unzähligen Gemeinschaftssitzungen komplett konzipieren, gab es hier bereits fertige Planungen. Stadtkontor hatte im Vorfeld die Grundstücksflächen entwickelt und die Bauanträge eingereicht. Die Mitglieder der Baugemeinschaft mussten sich dann vor allem noch darum kümmern, welche Firmen beauftragt werden sollten. Innerhalb eines Gewerkes wurde immer nur ein Unternehmen engagiert, erläutert Architekt Christian Knoch vom Büro Stadtkontor. Der Vorteil dieser Vorgehensweise für die Firmen: „Sie können praktisch auf der Baustelle durcharbeiten“, sagt Knoch. Stadtkontor übernahm auch die Bauüberwachung und moderierte die Diskussionsprozesse innerhalb der Baugemeinschaft.
Während die äußere Form der Häuser für die Bauherren also vorgegeben war, konnten im Innern individuelle Wünsche berücksichtigt werden. Die neun Doppelhäuser zeichnen sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild durch eine moderne Architektursprache aus. Kubische Formen bestimmen das Aussehen. So schlicht die Anmutung dieser Gebäude auch sein mag, ein wenig erinnern die Häuser mit ihrem hochgezogen Mittelteil und den niedrigeren Seitenbereichen an Basiliken, die bekanntlich dreischiffig konzipiert sind – mit einem erhöhten Mittelschiff.
Jede Doppelhaushälfte an der Dieselstraße hat rund 150 Quadratmeter Wohnfläche. Eine Dachterrasse lässt sich nach Wunsch realisieren. Es gibt zwei verschiedene Haustypen. Die Grundstücke sind rund 250 Quadratmeter groß. Die Haushälften kosten samt Grundstück im Durchschnitt etwa 430 000 Euro, sagt Architekt Knoch. Das ergibt einen Preis pro Quadratmeter Wohnfläche von unter 2900 Euro.
Eine Besonderheit weisen alle neun Häuser auf: Sie werden komplett durch Erdwärmeheizungen und Solarthermie mit Wärme versorgt. Kein Gasbrenner ist nötig, kein Öltank und auch keine Fernwärme. Wer ein bisschen von ferne auf die Dächer der neuen Häuser schaut, kann die Solarmodule sehen. Unsichtbar ist freilich hingegen die Erdwärmeheizung. 99 Meter tief sind die Erdsondenbohrungen, die hier für jede Haushälfte in den Boden getrieben wurden, erläutert Knoch.
Das Prinzip dieser Heizungen ist schnell erklärt: Durch die Erdsonden wird die sogenannte Sole geleitet. Sie besteht laut Architekt Knoch aus Wasser und Ethylenglykol. Auf dem Weg nach unten in die Tiefen des Erdreichs nimmt die Sole Umgebungswärme aus der Erde auf. Wenn die Sole in dem vollkommenen geschlossenen System wieder aufsteigt, ist sie rund fünf Grad wärmer als zuvor. Wieder an die Erdoberfläche gelangt, wird die Sole durch einen Kompressor verdichtet und damit die Wärme für die Fußbodenheizung und Warmwasser erzeugt. Das Ganze ist sozusagen ein umgekehrt funktionierender Kühlschrank. Auch wenn für den Kompressor Strom erforderlich ist, sei diese Form der Beheizung langfristig finanziell attraktiv, sagt Knoch. Doch die Investitionen sind erheblich: Die Anschaffungskosten lägen in Objekten wie denen an der Dieselstraße etwa 10 000 bis 12 000 Euro über den Kosten einer herkömmlichen Gasheizung.
Erstbezieher Thomas Kreutzmann lobt diese Art der Wärmegewinnung, schließlich ist er selbst vom Fach: „Ich selber bin Projektingenieur für erneuerbare Energien. Da macht es umso mehr Spaß, in einem solchen Haus zu wohnen.“
In der nächsten Folge lesen Sie am Dienstag, dem 24. Januar: Fritz-von- der-Lancken-Straße/Bertiniweg
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