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Landeshauptstadt: Nur noch vier Angeklagte im Julia-S.-Prozess

Überraschender Antrag der Staatsanwaltschaft / Indizien gegen Freispruch

Stand:

Im Verfahren um den mutmaßlich von Linken verübten Überfall auf einen Rechtsextremisten vor dem Café Heider in der Nacht zum 19. Juni vergangenen Jahres gibt es nur noch vier Angeklagte: „Zur Überraschung“ ihrer Anwältin Martina Arndt stellte die Potsdamer Staatsanwaltschaft am Mittwoch den Antrag, das Verfahren gegen die zur Tatzeit 16-jährige Isabelle K. einzustellen. Als Begründung verwies die Staatsanwaltschaft darauf, dass das Mädchen wegen seines geringen Alters wohl nur unwesentlich zu der Tat beigetragen habe. Das Gericht trennte daraufhin das Verfahren von dem Prozess ab und stellte es gegen die Ableistung von 30 Arbeitsstunden ein. „Für meine Klientin ist dies sicher sinnvoll“, sagte Anwältin Arndt. Jedoch habe sie insgesamt einen Freispruch erwartet. Arndt betonte, dass das Gericht mit seiner Entscheidung keine inhaltliche Wertung der bisherigen Beweisführung abgegeben habe: „Der Ausgang des Verfahren für die anderen Beschuldigten ist völlig offen.“

Doch ob die anderen vier Angehörigen der linken Szene, unter ihnen Julia S., die Vorsitzende des alternativen Wohnprojekts Chamäleon e.V., mit Freispruch rechnen können, scheint indes fraglich. So sagte am Mittwoch ein Zeuge aus, der sich damals als Gast im Café aufhielt: Er gab an, den Beklagten Arend L. nach dem Überfall auf Benjamin Oe. festgehalten zu haben. Allerdings habe er ihn nicht direkt als einen der Beteiligten an der eigentlichen Schlägerei identifizieren können, betonten Prozessbeobachter der Verteidigung. Arend L. und die anderen Beschuldigten sollen Oe. erst gemeinsam verfolgt, dann zu Boden gestoßen und ihn getreten haben. L. soll zudem mit einem Teleskopschlagstock den Kopf von Oe. getroffen haben. Dabei seien sie vermummt gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte anfangs von versuchtem Mord gesprochen, erst später wurde die Anklage auf gefährliche Körperverletzung abgemildert. Julia S. hatte deswegen mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen.

Auf die neue Zeugenaussage zu Lasten der Beschuldigten reagierte Steffen Sauer, Anwalt von Julia S., gestern gelassen: „Viele der Zeugen widersprechen sich in ihren Schilderungen.“ So hatte in den vergangenen Prozesstagen auch das Opfer Benjamin Oe. ausgesagt, keinen der Angreifer identifizieren zu können. Dagegen will eine als Gast anwesende Polizistin Julia S. und zwei weitere Angeklagte wiedererkannt haben. Zudem wurde der bei Julia S. gefundene Teleskopschlagstock begutachtet: Eine „Mischspur“ am Griff könne nicht mit Sicherheit dem Opfer Benjamin Oe. zugeordnet werden, so die bestellte Gutachterin. Henri Kramer

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