Aus dem GERICHTSSAAL: Obdachlosenpaar beraubt
Täter hatten es auf Alkohol und Zigaretten abgesehen
Stand:
Erst hatte Marc M. (21, Name geändert ) Zoff mit der Freundin. Dann traf er sich mit einem Kumpel. Beide schluckten mehr, als ihnen gut tat. Später beschlossen sie, einen Bekannten in Neu Fahrland zu besuchen. Dort stießen sie an jenem 13. Juni 2007 auf ein ebenfalls angetrunkenes obdachloses Ehepaar. Was nun geschah, weiß der Potsdamer angeblich nicht mehr. Laut Staatsanwaltschaft soll Marc M. die beiden um Zigaretten und Geld angeschnorrt haben. Als das Duo beteuerte, nichts zu besitzen, soll der Angeklagte die unter Betreuung stehende Frau geschubst, geschlagen und ihre Tasche geschnappt haben, um selbst nachzusehen. Ihr Mann sei ebenfalls angegriffen worden, dabei von der Bank gerutscht, auf der er saß. Dann soll auf den am Boden Liegenden eingetreten worden sein. Beute des Überfalls: Eine Flasche Sangria und drei Euro. Die Marc M. eineinhalb Stunden später abgenommene Blutprobe wies immerhin noch 1,87 Promille auf.
„Es waren keine wuchtigen Schläge und Tritte, eher so, wie bei einer Kinderprügelei“, erinnert sich ein Augenzeuge vor dem Jugendschöffengericht. An einen Blackout des Angeklagten glaubt der Mann, der Zivilcourage bewies und einschritt, nicht. „Er war zwar betrunken, aber ich konnte mich ganz normal mit ihm unterhalten. Er hat mir erzählt, dass seine Freundin schwanger ist. Und er hat geäußert, die Scheiß-Penner sollen lieber arbeiten gehen.“ Das Baby ist inzwischen da, einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma hat Marc M. auch. Seit dem Vorfall trinkt der wegen Diebstahls und serienmäßigen Schwarzfahrens Vorbelastete keinen Alkohol mehr. Den Drogen hatte er schon vorher abgeschworen. Es gab auch einen Täter-Opfer-Ausgleich mit den Geschädigten. Marc M. entschuldigte sich, zahlte der Frau 25 Euro Schmerzensgeld.
„Es war ein vollendeter Raub, es war eine vollendete Körperverletzung, wenn auch im minder schweren Fall“ konstatiert der Staatsanwalt. Da Marc M. eine gute Sozialprognose zu stellen sei, könne die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe für die Dauer eines Jahres zur Bewährung ausgesetzt werden. Verteidiger Steffen Voigt spricht von einer spontanen Tat seines Mandanten aus Frust gegen Obdachlose. „Ergeht die Entscheidung des Gerichts so, wie beantragt, hat er ein Jahr Zeit, sich vom Räuber zum Otto Normalverbraucher zu entwickeln“, so der Anwalt. Das Gericht gibt Marc M. die Chance, zwölf Monate lang zu zeigen, dass es ihm ernst ist mit seinen Vorsätzen, beauflagt ihn allerdings, an einer ambulanten Suchttherapie teilzunehmen und dem Gericht vierteljährlich darüber zu berichten. „Auch sogenannte Penner haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit“, gibt die Schöffengerichts-Vorsitzende dem jungen Vater mit auf den Weg.Hoga
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