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Vielfalt. Christof Blank zeigt in einem Gewächshaus des Vereins Vern in Greiffenberg bei Angermünde unterschiedliche Tomatensorten.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dapd

Landeshauptstadt: Ochsenherz, Rotes Ei und Snow Ball

Gemüsesorten aus alten Zeiten wachsen im Greiffenberger Schaugarten

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Angermünde - Behutsam kneift Christof Blank mit den Fingernägeln einen überschüssigen Trieb von einer Tomatenpflanze ab. Die Staude im Schaugarten des Vereins zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen (Vern) im Angermünder Ortsteil Greiffenberg gehört zu den Sorten, die heute nicht mehr kommerziell angebaut werden. Insgesamt 30 Schaugärten-Betriebe in Berlin und Brandenburg versuchen, solche Kulturpflanzen für die folgenden Generationen zu erhalten. Dass sich das lohnt, zeigte Vern auf seinem Sommerfest am vergangenen Samstag in Greiffenberg. Dort konnten Besucher beispielsweise alte Tomatensorten kosten.

„Die geschmacklosen Supermarkt-Tomaten wollen viele Menschen nicht mehr haben“, erklärt Blank, der im Vorstand des Vern ist. Deshalb hätten sich einige an die alten Sorten erinnert. Der 31-Jährige pflückt eine kleine, birnenförmige Tomate. „Oft sind es die kleinen Sorten, die sehr saftig sind“, sagt er. Mehlige Tomaten seien natürlich auch bei den alten Sorten dabei. Dazu zähle die Fleischtomate Ochsenherz, die am besten in einem Salat mit Dressing verarbeitet werde.

Auch die verschiedenen Farben und Formen machten die alten Tomatensorten erhaltenswert. „Die Vielfalt ist größer als bei den Tomaten im Supermarkt“, sagt Blank und legt einige Früchte auf seine Handfläche. Die Tomate der Sorte Snow Ball leuchtet hellgelb, obwohl sie reif ist. Das Rote Ei ist dagegen oval und feuerrot – kaum zu glauben, dass sie wohl den selben Ursprung haben. „Die Tomate kommt vermutlich aus der Karibik und wurde verschieden gezüchtet“, sagt Blank. Bei der behaarten Tomate der Sorte Red Peach seien einige Gäste zunächst skeptisch, ließen sich doch schnell überzeugen.

Lediglich kleine Liebhaber-Betriebe bieten die alten Sorten zum Verkauf an. „Das Saatgut alter, beim Amt nicht mehr angemeldeter Sorten darf nach dem Saatgutrecht nicht mehr in den Handel“, sagt Vorstandsmitglied Cornelia Lehmann. Dass aber die aus diesem Saatgut gezogenen Früchte nicht gehandelt werden dürften, verbiete das Gesetz nicht. Dem Verein ist es gestattet, auch Saatgut in kleinen Mengen gegen eine Art Spende abzugeben. Ein europäisches Übereinkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt mache es möglich.

Dröhnendes Motorengeräusch von einem Luftentfeuchter schlägt Blank entgegen, als er die Tür zum Saatgutarchiv öffnet. Samen von etwa 2 500 alten Nutz- und Zierpflanzen sind dort bei maschinell entfeuchteter Luft gelagert. Blank zieht ein Pillendöschen aus dem Regal, in dem Hunderte kleine Tomatenkerne liegen. Sorte, Erntedatum und der letzte Stand der Keimfähigkeit sind auf dem Etikett vermerkt. „Die Keimfähigkeit nimmt über die Jahre ab“, sagt Blank. Da die Sorten aber regelmäßig vermehrt würden, sei das kein Problem.

Die Mitarbeiter Dieter Dollichon und Karin Kiworra legen auf einer Arbeitsfläche Kartoffeln der alten französischen Sorte „La Ratte“ in eine Schale. Die rattenförmigen Erdäpfel sollen auf dem Sommerfest angeboten werden. Unter der Arbeitsfläche liegen mehrere Plastiktöpfe, in die junge Pflanzen eingesetzt werden können. Samen oder Jungpflanzen alter Tomatensorten können Gäste am Sommerfest erwerben. Vielleicht können einige Besucher bald selbst gezüchtete Früchte essen und zeigen, dass sich Arterhaltung lohnt.

Sandra Hottenrott

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