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Streit um Kasernen-Areal: Offener Brief der Krampnitz-Käufer
Das Areal der ehemaligen Kasernen in Krampnitz wurde als Entwicklungsgebiet festgesetzt. Die Käufer halten das für rechtswidrig und verweisen auf einen Vertrag mit Potsdam. Nach Ansicht des Pro-Potsdam-Managers Erich Jesse aber wollten die Käufer nie investieren.
Stand:
Krampnitz - Die Käufer der ehemaligen Krampnitzer Kaserne bezeichnen eine Festsetzung des 120-Hektar-Areals als Entwicklungsgebiet als rechtswidrig. Das geht aus einem Offenen Brief der TG Potsdam hervor, der an die Stadtverordneten gerichtet ist. Wie es in dem vom Berliner Rechtsanwalt Karl-Josef Stöhr verfassten Schreiben heißt, werde die Festsetzung des Kasernengeländes als Entwicklungsgebiet als rechtswidrig angesehen, da die damit zu erreichenden Ziele auch mit dem städtebaulichen Vertrag erreicht würden, die die Stadt Potsdam mit den Käufern abgeschlossen habe. Die Landeshauptstadt ist inzwischen von diesem Vertrag zurückgetreten, da die TG Potsdam keinerlei Aktivitäten auf dem Gelände entwickle und nicht im Handelsregister eingetragen ist. Das Land Brandenburg versucht parallel, den Krampnitzverkauf rechtswirksam rückgängig zu machen.
Die Stadt teilte am Donnerstag mit, der Brief der Krampnitz-Käufer werde geprüft. Der Stadtverordnete Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) zeigte sich am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Bürgerbündnisses in einem Restaurant am Neuen Markt zum Thema Krampnitz unbeeindruckt von dem Schreiben. Referent des Abends, der Pro-Potsdam-Manager Erich Jesse, ließ an der Seriosität des Krampnitz-Deals kein gutes Haar. Die hinter den Käufern stehenden „vier britischen Limiteds hatten ein Stammkapital von 68 Euro“. Jesse: „So viel zur Bonitätsprüfung beim Verkauf damals.“
Unter der Federführung Jesses ist die Möglichkeit eines nach dem Bornstedter Feld zweiten Potsdamer Entwicklungsgebietes untersucht worden. Das Ergebnis: Bei einer Investition von 65,7 Millionen Euro durch eine zu gründende Entwicklungsgesellschaft unter dem Dach der Pro Potsdam GmbH könnte gemeinsam mit privaten Bauherren eine Gesamtinvestition von 350 Millionen Euro ausgelöst werden. Ziel sei die Errichtung von 1600 Wohnungen und die Ansiedlung von 3800 Menschen bis zum Jahr 2023. Angesichts der Millionen-Ausgaben für die nötige Infrastruktur – Straßen, Beleuchtung, Strom, Wasser, Abwasser, Altlastensanierung – zweifelt Jesse die Möglichkeit der Entwicklung der ehemaligen Kavallerieschule durch einen einzelnen Privatinvestor grundsätzlich an: „Einen städtebaulichen Vertrag macht nur jemand, der caritativ veranlagt ist.“ Die TG Potsdam habe das Gesamtareal durch vier Kaufverträge für 4,8 Millionen Euro vom Land Brandenburg am 17. Juli gekauft und bereits am 29. Juli für 25 Millionen Euro auf dem Markt angeboten. Jesse: „Die Truppen haben nie die Absicht gehabt, da zu investieren.“ Später hätten die Käufer zwei der vier Flächen an das Land zurückgegeben, die von Altlasten zu befreien sind und auf denen enorme Abrissarbeiten nötig sein. Jesse: „Die haben den faulen Teil der Melone zurückgegeben.“ Dabei beinhalte die Idee der Mischfinanzierung doch gerade, „das Gute finanziert das Schlechte“.
Jesse warb vor dem Bürgerbündnis für eine Entwicklungsmaßnahme nach Paragraf 165 Absatz 3 des Baugesetzbuches: „Bei einer Entwicklungsmaßnahme ist es egal, wem das Land gehört, ob Markov oder Herrn Böx.“ Gemeint sind Brandenburgs Finanzminister Hellmuth Markov (Linke) und Ingolf Böx von der TG Potsdam. Die Entwicklungsmaßnahme, so Jesse, sei ein in Deutschland häufig bei unklarer Eigentumslage angewendetes Instrument. Dessen ungeachtet: Sollte das Land wieder Eigentümer aller Krampnitzer Flächen sein, wolle Potsdam diese erwerben, hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei der öffentlichen Präsentation der Entwicklungsmaßnahme vor Journalisten erklärt.
Jesse erläuterte, wie eine Entwicklungsgesellschaft die nötigen Infrastrukturbauten refinanzieren könne. Dies geschehe, in dem die Grundstückseigentümer den Boden entweder zum niedrigen Anfangswert an den Entwicklungsträger verkaufen. Dieser veräußert die Flächen später als entwickeltes Bauland weiter und kassiert die Differenz. Der Blick auf die Tatsache, dass die Kaserne im Landschaftsplan Berlin-Brandenburg noch nicht als Siedlungsgebiet verzeichnet ist, was jedoch noch geschehen soll, regte Jesse zu dem Satz an: „Die attraktive Fruchtfolge – Weizen, Kartoffeln, Bauland – ist dann nicht mehr möglich, die Differenz geht in die Infrastruktur.“
Zur Diskussion um die künftige Verkehrserschließung sagte Jesse, die Nedlitzer Straße sei die einzige Ausfahrtstraße Potsdams, die noch Kapazitäten hat. Innerhalb des Areals seien zudem Tramtrassen frei. „Aber das ist Zukunftsmusik.“
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