Homepage: „Offshore wird es sehr viel teurer“ Geoforscher Kühn fordert neue CCS-Großprojekte
Seit vier Jahren pumpt das Geoforschungszentrum (GFZ) in Ketzin Kohlendioxid in den Boden. Jetzt haben Bund und Länder ein CCS-Gesetz zu dieser Technologie auf den Weg gebracht.
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Seit vier Jahren pumpt das Geoforschungszentrum (GFZ) in Ketzin Kohlendioxid in den Boden. Jetzt haben Bund und Länder ein CCS-Gesetz zu dieser Technologie auf den Weg gebracht. Was bringt es?
Das verabschiedete CCS-Gesetz könnte den nächsten Schritt ermöglichen. In Ketzin speichern wir CO2 in einer Größenordnung von insgesamt 100 000 Tonnen. Unsere Ergebnisse sind sehr gut, deshalb brauchen wir jetzt Demonstrationsprojekte auf größerem Maßstab.
Gegner verteufeln die CO2-Speicher als zu gefährlich. Was entgegnen Sie?
Ketzin ist der erste und bisher einzige Speicherstandort in Deutschland. Es ist überhaupt das erste CO2-Speicherprojekt auf dem europäischen Festland. Die Speicherung verläuft sicher und verlässlich, ohne Gefährdung von Mensch oder Umwelt. Eine Kombination von geochemischen und geophysikalischen Überwachungsmethoden hat gezeigt, dass wir sehr geringe Mengen CO2 tief unter der Erde detektieren und auch ihre räumliche Ausdehnung abbilden können. Unsere Computersimulationen im Vergleich mit den Feldbeobachtungen belegen, dass wir das System und die darin ablaufenden Prozesse verstehen. Konsequenterweise müssen wir jetzt den nächsten Schritt zu einem Demonstrationsprojekt gehen.
Sind denn konkrete Projekte geplant?
Mir ist keins bekannt. Die Umsetzung eines Demonstrationsprojektes müsste die Industrie in die Hand nehmen. Die Größe eines solchen Projektes braucht einfach industrielles Engagement. Nach unserem Dafürhalten sollte es auch intensiv wissenschaftlich begleitet werden.
Vattenfall hat das Demonstrationskraftwerk Jänschwalde im Süden Brandenburgs aufgegeben. Statt auf die unterirdische Speicherung setzt der Energielieferant nun auf ein Pipeline-Netz. Wo soll der Klima-Müll hin?
Es gibt Bestrebungen, die vorhandenen Potenziale im Meeresboden unter der Nordsee zu nutzen. Vor der Küste Norwegens werden seit dem Jahr 1996 eine Million Tonnen CO2 pro Jahr injiziert. Das Potenzial für die Speicherung unterhalb der Nordsee ist noch deutlich größer.
Wird CO2 in Zukunft eher an Land oder offshore unter dem Meer verpresst?
Es gibt da Für und Wider. Es ist sehr viel teurer, wenn man es offshore macht. An Land ist man dichter dran und kann besser beobachten. Man muss aber so oder so einen sicheren Standort wählen.
Gibt es die auch in Brandenburg?
Ja, selbstverständlich. Das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover hat vor Kurzem ein sogenanntes CO2-Kataster veröffentlicht. In Brandenburg gibt es an vielen Stellen geeignete geologische Schichten. Betrachtet man verschiedene Tiefenlagen, so sind flächendeckend potenzielle Speicher vorhanden.
Das Interview führte Tobias Reichelt
Michael Kühn (44) ist seit drei Jahren Leiter des Zentrums für CO2-Speicherung am Geoforschungszentrum Potsdam. Damit ist er auch für den Forschungsstandort Ketzin verantwortlich.
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